Allgemeine Zeitung Mainz: Zum Berliner Stadtschloss
Archivmeldung vom 29.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAchtzehn Jahre sind eine lange Zeit, aber die braucht es auch wohl für eine Entscheidung über ein Jahrhundertbauwerk. Zumal wenn es um einen Solitär wie das Berliner Stadtschloss geht - das einstmalige wie auch künftige zentrale Bauwerk im Herzen der Hauptstadt.
Da waren lange, quälende Debatten zu bewältigen, deren positives Ergebnis nicht unbedingt vorhersehbar war. Zu viele, teils auch typisch deutsche Einwände gab es gegen das Projekt: So wetterte die Gilde der Baumeister gegen "Disney-Architektur", und hätte doch der hohen Kunst ihres Urahns Andreas Schlüter nie das Wasser reichen können. Andere Gegner zeterten in bester Ulbricht-Tradition und ohne sich je mit der Geschichte Preußens auseinanderzusetzen gegen den preußischen Militarismus, den das Schloss angeblich verkörperte. Und über allem schwebte der weinerliche Vorwurf des "zu teuer", wurden nur zu gern die hohen Baukosten - "Wieviele Kindergärten und Schulen könnte man davon bauen?" - als Totschlagargument gebraucht. Was bei dieser Diskussionstreckenweise verlorenzugehen drohte, war die schlichte Tatsache, dass die einstige Residenz der preußischen Könige in allererster Linie ein prächtiges, wenn nicht gar das prächtigste deutsche Profanbauwerk des Barock war. Dass trotz aller Gegenströmungen der Traum vom neuen alten Schloss doch noch Wirklichkeit wird, ist unter anderem den Dresdnern zu verdanken, die mit ihrer wiedererstandenen Frauenkirche eindrucksvoll demonstrierten, dass auch eine Rekonstruktion Seele besitzt. Treibende Kraft war aber vor allem die private Initiative für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses, die lange vor der Politik erkannt hatte, dass das Schlütersche Bauwerk der Hauptstadt nicht nur zur Zierde gereicht, sondern ihr vielmehr das architektonische Herzstück wiedergibt. Auch wenn es keine 1:1-Rekonstruktion gibt - leider.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz