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Börsen-Zeitung: Trügerische Ruhe

Archivmeldung vom 20.11.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.11.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Am deutschen Aktienmarkt macht sich zusehends Optimismus breit. Analysten begründen dies mit dem positiven fundamentalen Umfeld, das insbesondere hierzulande ein sehr angenehmes Klima für Aktieninvestments schafft. Die Konjunktur brummt so sehr, dass mancher bereits von einem "deutschen Jahrzehnt" träumt.

Zugleich steigern viele Unternehmen ihre Gewinne so kräftig, dass Analysten ihre Schätzungen für das neue Jahr weiter und weiter anheben müssen - im Gegensatz übrigens zur Entwicklung in den meisten anderen Ländern. Wen wundert es also, dass der Blick auf die Sektoren des gehobenen Prime Standard an der Frankfurter Börse keinesfalls das typische Muster einer Konsolidierungsbewegung zeigte, als Dax, MDax und TecDax zuletzt an manchem Tag ein paar Zähler abgaben: Es standen vor allem Aktien aus den Sektoren auf den Verliererlisten, die sich bereits zuvor schwächer als der Gesamtmarkt entwickelt hatten. Dies zeigt: Viele Investoren gehen immer noch davon aus, dass der deutsche Aktienmarkt bis zum Jahresende noch weiter zulegen kann. Im Leitindex Dax käme dann bereits die runde Marke von 7000 Punkten in Reichweite.

Aktien ohne Alternative

Anleger leiten die enorme Überschussliquidität dieser Tage vor allem an die Börsen, weil es an attraktiven Alternativen mangelt. Mit jedem Prozentpunkt, den die Aktienindizes steigen, wächst zugleich der Druck auf noch unterinvestierte Anleger, endlich mehr Aktien ins Portfolio zu nehmen, um die Renditechancen nicht komplett liegen zu lassen. Das führt dazu, dass am Markt Chancen und Risiken ganz offensichtlich sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Den jüngsten Beleg dafür liefert das Tempo, mit dem der Markt die finanzielle Schieflage in Irland abgehakt hat. Als sich abzeichnete, dass die Regierung in Dublin einlenkt und finanzielle Hilfe von außen akzeptieren würde, ging die Verunsicherung wieder spürbar zurück - und der Dax kletterte auf ein Zweieinhalbjahreshoch. Investoren sollten sich ihrer Sache allerdings nicht zu sicher sein: Die nächste Phase der Unsicherheit steht bereits bevor. Womöglich wird ihnen das bereits Mitte der neuen Woche bewusst, wenn in Deutschland der vielbeachtete Ifo-Geschäftsklimaindex veröffentlicht wird. Der Gesamtindex wird von 107,6 auf 107,5 Punkte moderat sinken, prognostizieren Volkswirte. Die Erwartungskomponente des Index zeigt dagegen schon deutlicher, dass auch in Deutschland die konjunkturelle Dynamik in den kommenden Monaten nachlassen wird. Hier gehen die Experten von einem Rückgang auf 104,7 Punkte aus. In der Vergangenheit hatte der Ifo-Index an einem oberen Wendepunkt sehr zuverlässig das Ende einer Hausse signalisiert. Dies ist Investoren bewusst.

Die Verunsicherung wird aber ganz sicher dann zunehmen, wenn die Schuldenkrise in der Peripherie der Eurozone wieder stärker in den Fokus rückt. Dies wird geschehen, wenn nach Irland auch Portugal auf Unterstützung des europäischen Rettungsfonds angewiesen sein sollte. In einem Interview ließ der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos bereits durchblicken, dass das kleine Land am südwestlichen Zipfel Europas schon sehr bald Hilfe benötigen könnte. Dies würde Portugal verstärkt in den Fokus des Marktes rücken und dann für alle noch einmal sehr deutlich werden lassen, dass es das zentrale Problem des Landes ist, dass die Wirtschaft dort nicht wettbewerbsfähig ist.

Aus Anlegersicht ist daran vor allem wichtig, dass Hilfsmaßnahmen für Portugal direkt eine intensive Diskussion darüber auslösen würden, ob auch Spanien, das ebenfalls enorme strukturelle Probleme beheben muss, finanzielle Hilfe benötigt; und dies umso mehr, sollten die in zwei Wochen anstehenden Einkaufsmanagerindizes für Spaniens Industrie und Dienstleistungssektor eine weitere konjunkturelle Abkühlung anzeigen. Davon, dass Spanien tatsächlich Hilfe benötigt, geht auf Basis der vorliegenden Fakten derzeit zwar kaum jemand aus, zumal das Land bereits Fortschritte gemacht hat. Allein in den mit dieser Diskussion verbundenen Sorgen steckt allerdings das Potenzial, am deutschen Aktienmarkt eine Korrektur auszulösen. Daraus folgt: Anleger sollten sich nicht vom steigenden Optimismus treiben lassen. 2011 wird es wahrscheinlich mindestens genauso gute Gelegenheiten zum Kauf von Aktien geben.

Quelle: Börsen-Zeitung

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