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WAZ: SPD stürzt auf neuen Tiefpunkt

Archivmeldung vom 05.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Wissenschaft kennt ein faszinierendes Phänomen - den Jo-Jo-Effekt. Dabei handelt es sich um eine Gesetzmäßigkeit, derzufolge sich ein abwärts gerichteter Trend an seinem Tiefpunkt verselbständigt. Nicht zu verwechseln mit dem Jo-Jo-Spiel, bei dem das Spielgerät auch immer wieder hochsaust. Mit anderen Worten: Am Boden liegend, fällt es sehr schwer, wieder aufzustehen.

In diesen Momenten bedarf es vor allem Entschlossenheit, Energie und Zielstrebigkeit. Allesamt Eigenschaften, die der SPD derzeit fehlen. Die Sozialdemokraten leiden an ihrem inneren Jo-Jo-Effekt.

Ein Tiefpunkt löst den nächsten ab. Mag sein, dass die Umfragezahlen nur eine Momentaufnahme bieten. Aber die Tiefschläge beginnen zu wirken. Die Genossen sind nicht nur nervös, die Nerven liegen blank. Zumal sie beißenden Spott ertragen müssen. Die SPD habe das "Projekt 18" der FDP übernommen, lästern die Gegner - nur von der anderen Prozent-Seite. Aber es kommt noch ärger: Mittlerweile kursieren die ersten Nachrufe auf die SPD, die sich täglich ein Stück weiter von ihrem Anspruch entfernt, eine Volkspartei zu sein.

Es wäre zu einfach, bei der Suche nach den Gründen des Verfalls allein auf die quälenden Flügelkämpfe zu verweisen. Jede Partei hat ihre Profilneurotiker und Heckenschützen. Die Geschichte der Sozialdemokratie ist gespickt mit Querschüssen - die Genossen wussten immer schon mit "friendly fire" umzugehen.

Weit gravierender wiegt die Tatsache, dass die SPD keine Arbeiterpartei mehr ist. Der Verlust der Basis lässt sich bestens in NRW studieren. Gehörte es an Rhein und Ruhr noch vor 20 Jahren zum guten Ton, die SPD zu wählen, wenden sich immer mehr Malocher und Handwerker ab. Die meisten von ihnen haben den Strukturwandel im Ruhrgebiet gemeistert - die SPD ist daran gescheitert. Jetzt gibt die Partei die Losung aus, nicht an den Rändern fischen zu wollen, sondern die Breite des Spielfelds nutzen zu wollen. Es passt ins Bild der richtungslosen Jo-Jo-SPD, dass es mehrere Studien gibt, die belegen, dass eben diese Mitte der Gesellschaft schrumpft.

Und was macht Parteichef Beck? Er klammert, er windet und opfert sich, er ist bemüht. Mehr nicht. Ein Barack Beck, ein Charismatiker, der wie in den USA die Sehnsucht der Menschen nach Veränderung perfekt zu nutzen weiß, das wär's! Der ist jedoch nicht in Sicht. Nur deswegen darf der Chef bleiben. Beck muss weg? Von dieser Forderung ist die SPD nur noch wenige Prozentpunkte entfernt.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Norbert Robers)

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