FZ: Stresstest für alle Beteiligten
Archivmeldung vom 11.06.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuch für die Grünen wachsen die Bäume nicht in den Himmel: Viel früher als ihm lieb sein dürfte, droht dem neuen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nun das von ihm vehement abgelehnte Milliardenprojekt Stuttgart 21 um die Ohren zu fliegen. Seine Hoffnung, die Bagger noch bis zur Auswertung des Stresstests Mitte Juli oder am besten sogar bis zur Volksabstimmung im Herbst stoppen zu können, hat sich in Luft aufgelöst.
Wenn die Bahn kommende Woche gegen den Willen der Landesregierung und vieler Bürger die umstrittene Baustelle wiedereröffnet, droht eine neue Eskalation der Lage. Dann könnten genau jene Wähler, die den grünen Hoffnungsträger auf den Schild gehoben haben, plötzlich gegen die in der Zwickmühle sitzende Landesregierung mobil machen. Klang es im aufgeheizten Wahlkampf noch so, als hinge das Wohl und Wehe bei dem Milliardenprojekt allein vom politischen Willen der Verantwortlichen im Ländle ab, so ist Kretschmann nun hart auf dem Boden der Realität angekommen. Er muss sich Recht und Gesetz beugen. Und hier sitzt die Bahn einfach am längeren Hebel. Kretschmanns roter Koalitionspartner, übrigens ein Befürworter des von der Bahn geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhofs, dürfte sich zumindest im stillen Kämmerlein ins Fäustchen lachen. Doch es gibt auch gute Signale aus Stuttgart: Bahnchef Rüdiger Grube, dessen Unternehmen als Synonym für Pleiten, Pech und Pannen gilt, tritt beim Weiterbau merklich auf die Bremse. Zumindest bis zur Vorlage des Stresstests für das finanziell immer weiter aus dem Ruder laufende Projekt sollen keine "unumkehrbaren Fakten" im Schlossgarten oder am Südflügel des Hauptbahnhofs geschaffen werden. Zugleich unterstreicht der Manager mit seinem Vorgehen, dass er sich von der Politik nicht an der Nase herumführen und bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag mit Gutachten und Gegendarstellungen hinhalten lässt. Jenseits politischer Launen muss das umkämpfte Projekt auf Herz und Nieren geprüft werden. Es ist höchste Zeit, dass solide und belastbare Zahlen auf den Tisch kommen. Milliarden in den Sand zu setzen, kann sich weder die Bahn noch Grün-Rot im Ländle leisten. Und schon gar nicht der gebeutelte Steuerzahler, der am Ende die Zeche für politische Profilierungsversuche oder unternehmerischen Größenwahn zu begleichen hat.
Quelle: Fuldaer Zeitung (ots)