Westfälische Rundschau: Kommentar SPD-Parteitag
Archivmeldung vom 26.10.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlUnd das soll nun ein "Linksruck" gewesen sein? Die Bedenkenträger können durchatmen. Weder hat der SPD-Parteitag die Verstaatlichung der Deutschen Bank beschlossen, noch sind die Delegierten mit roten Fahnen durch Hamburg marschiert. Vielleicht kann man jetzt wieder vernünftig über Politik reden in Deutschland.
Kurt Beck hat die Sozialdemokratie nicht über Nacht verändert. Aber er hat ihre Perspektive verschoben. Pragmatischer Gestaltungswille ist an die Stelle sturer Durchhalteparolen getreten. Der Chefpragmatiker Gerhard Schröder hat das erkannt. Deshalb kann er so selbstbewusst über die Erfolge der Agenda 2010 sprechen und zugleich für Becks Reformkurs werben.
Es sind maßvolle Korrekturen an der Agenda, die von der SPD jetzt vorgeschlagen werden. Sie kosten vergleichsweise wenig, aber sie bewirken vergleichsweise viel. Die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere wird keine wesentlichen Auswirkungen auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung oder die Lage auf dem Arbeitsmarkt haben. Aber sie hilft denen, die kaum noch Chancen auf neue Jobs haben, sie schafft eine eklatante Ungerechtigkeit aus der Welt und sie stiftet größere Sicherheit in einer weithin verunsicherten Mittelschicht. Wenn das Symbolpolitik sein soll, dann wäre es ein gutes Symbol: Die SPD öffnet sich der Wirklichkeit.
Solche Politik ist nicht links, und eben das erklärt die Maßlosigkeit mancher Kritiker. Eine SPD, die sich nicht länger an den Lagertheorien ökonomischer Phrasendrescher entlang sortieren lässt, kann auch dort wieder attraktiv werden, wo sie zuletzt am stärksten verloren hat: in der Mitte der Gesellschaft.
Selbstbewusstsein erwächst aus Freiheit. Und das ist die größte Leistung, die Kurt Beck in seiner noch kurzen Amtszeit vollbracht hat: Die Sozialdemokratie bestimmt den Handlungsrahmen ihrer Politik wieder selbst.
Quelle: Pressemitteilung Westfälische Rundschau