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Westfalenpost: Ein Armutszeugnis nicht nur für Politiker

Archivmeldung vom 15.10.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Immer mehr Kinder drücken in Deutschland mit leerem Magen die Schulbank. Das bestätigt der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte mit Hinweis auf zwei Millionen Betroffene, die unter Mangelernährung leiden. Die reflexartige Ausrede, dass es nicht am fehlenden Geld, sondern am allseits beliebten Fast Food liegt, wird in Zukunft - hoffentlich - nicht mehr das Gewissen beruhigen. Die finanziellen und gesellschaftlichen Aspekte sind ausschlaggebend!

Angesichts der niedrigen Leistungsbezüge für Hartz-IV-Empfänger ist das keine Überraschung. Medizinern zufolge sind selbst bei einem Lebensmitteldiscounter Ausgaben von mindestens fünf Euro am Tag für jedes Kind notwendig, um eine gesunde Ernährung sicherzustellen. Der Regelsatz für ein Kind zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr liegt jedoch nur bei 2,62 Euro. Zwischen dem 7. und 14. Lebensjahr beträgt der Tagessatz fürs Essen 3,22 Euro.

Es ist nicht hilfreich, wenn von verschiedenster politischer Seite unablässig wiederholt wird, sich des Themas anzunehmen. Bisher hat man sich nur darüber gestritten, welcher Armutsindex gerechter ist. Gefordert aber ist eine zeitnahe Hilfe, die ankommt.

Bereits 2007 kam eine Untersuchung des Forschungsinstitutes für Kinderernährung der Universität Bonn zu einem vergleichbaren Ergebnis. Viele Initiativen sind gestartet worden - die meisten blieben wirkungslos. Ein Armutszeugnis für ein so reiches Land wie Deutschland, dessen Export brummt, dessen Kassen klingeln und dessen glitzernde Einkaufswelten bald wieder ihre Tore ganz weit öffnen.

Es ist unumgänglich den Betroffenen nun endlich ein Gesicht zu geben. Aller Scheu zum Trotz. Erst wenn sie als Nachbarn wahrgenommen werden, wird Hilfe zur moralischen Verpflichtung. Nicht nur für die caritativen Einrichtungen, die Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften, sondern für alle, die es tragen können.

Es gibt aber auch eine ganz einfache und schnelle Teil-Lösung des Problems: Die Einführung gesunder Verköstigung in Kitas und Ganztagsschulen. Und zwar kostenlos! Arm zu sein, ist keine Schande, Kindern hierzulande Chancengleichheit zu nehmen schon.

Quelle: Westfalenpost (ots)

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