Lausitzer Rundschau: Bundestag stimmt über Afghanistan-Mission ab Halber Einsatz
Archivmeldung vom 11.10.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Urteil ist vernichtend: "In allen Bereichen, die dem politischen Teil eines Gesamtkonzeptes zuzuordnen wären, ist die Bilanz des bisher Erreichten unbefriedigend." Das sagt Harald Kujat, der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr. Er redet über das politische Versagen der Nato in Afghanistan.
Deutschland ist mit seinem halb engagierten Bundeswehreinsatz Teil
einer größeren, ebenso halb engagierten Nato-Mission namens Isaf. Sie
hatte mal das Ziel, aus Afghanistan ein demokratisches Land zu
machen. Inzwischen soll es nur noch ein Land werden, von dem keine
Gefahren mehr ausgehen. Morgen wird der Bundestag den Auftrag um ein
weiteres Jahr verlängern, wieder mit großer Mehrheit.
Es gibt Erfolgsdaten: Millionen Kinder, die zur Schule gehen, ein
demokratisch gewählter Präsident, langsamer Wiederaufbau. Es gibt
genauso das Gegenteil. Die Rekord-Opiumernte etwa, die Rekordzahl von
Anschlägen, die vielen toten Soldaten. Es gibt vor allem jene
Berichte über die mangelnde politische Disziplin der Nato selbst, die
Sorgen machen. Dazu gehört die Tatsache, dass die versprochenen
Truppen nur zu 85 Prozent da sind, etwas mehr als 30 000 Soldaten für
ein Land, das doppelt so groß ist wie Deutschland. Dazu gehört die
fehlende Übereinstimmung in der Strategie. Der Aufbau der
afghanischen Armee und Polizei läuft miserabel. Die Deutschen igeln
sich im halbwegs ruhigen Norden ein und predigen eine Art
Dominotheorie. Von hier aus soll eine Region nach der anderen stabil
werden. Die interne Debatte der Führung in Berlin aber dreht sich
darum, wie man den Forderungen der Partner nach Unterstützung im
umkämpften Rest des Landes ausweichen kann. Die anderen agieren nicht
anders. Sie alle sind froh, nicht mehr leisten zu müssen, als sie
gerade leisten. Die Dominotheorie funktioniert nicht.
So wird Afghanistan im Status eines Landes gehalten, das nicht Krieg
und nicht Frieden hat. Schon wird überlegt, ob nicht einen Machtdeal
mit den Taliban eine Lösung sei. Das ist die Nato in ihrer ersten
internationalen Bewährungsprobe: Ein unentschlossener
Wohlstandshaufen, der mutig sein will, aber Angst hat, der aufbauen
will, aber nicht genug Geld gibt. Gegen das Ja des Bundestages stünde
nur ein Abzug mit verheerenden Folgen, heißt es. Nein, gegen dieses
jährliche Ja muss endlich eine gemeinsame Vorwärtsstrategie der
Allianz stehen.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau