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Börsen-Zeitung: Gefahren für Spanien

Archivmeldung vom 25.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

An den Finanzmärkten gibt es derzeit akute Ängste, dass ausgehend von Griechenland das nächste Land infiziert werden könnte. Die Augen der Bond- und Credit-Akteure sind dabei auf Spanien gerichtet. Abzulesen sind die Sorgen der Marktteilnehmer an den rekordhohen Renditen, die die Bonds der Spanier abwerfen. Im zehnjährigen Laufzeitenbereich wird bei Renditen von fast 5,75% von Sätzen gesprochen, die für die Iberer auf lange Sicht nicht zu schultern sind.

Spanien könnte über ein sich anhaltend verschlechterndes Investorensentiment und damit weiter steigende Renditen - bis hin zum Käuferstreik - ebenfalls gezwungen sein, die Hilfe der europäischen Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen - trotz aller Beteuerungen der Politik und des Landes selbst, ohne Hilfen auskommen zu werden. Derartige Entwicklungen hat man an den Märkten bereits zweimal gesehen: Auch in Irland und Portugal wurde bis zum Schluss beteuert, und zwar seitens der EU-Politiker und der jeweiligen Länder selbst, dass keine Unterstützung von außen gebraucht werde. In beiden Fällen wurde der Druck der Märkte so groß, dass sie schlussendlich die Reißleine ziehen mussten.

Madrid steht ohne Frage besser da als Athen, Dublin oder Lissabon. Das Bankensystem ist wesentlich robuster. Zudem darf konstatiert werden, dass die spanischen Banken ihren Schuldenmanagern zur Seite stehen und bei der Refinanzierung des Landes helfen. Aber auch spanische Banken könnten sich immer weiter abrutschende Staatsanleihen nicht grenzenlos auf die Bücher laden und damit immer weiter steigende Verluste einfach so wegstecken.

Nicht nur das Bankensystem bietet für Spanien eine Stütze und damit eine gewisse Beruhigung für die Märkte. Auch die Fundamentaldaten können beruhigend wirken. Zugegeben: Das öffentliche Defizit ist mit 11,2% im vergangenen Jahr sehr hoch. Anders sieht es beim Schuldenstand aus. Er lag Ende 2010 bei rund 60% des Bruttoinlandsproduktes und war damit 24 Prozentpunkte unter dem Eurozonendurchschnitt. Hinzu kommt das entschlossene Auftreten der spanischen Schuldenmanager an den Märkten. Sie haben ganz offensichtlich erkannt, was die Stunde geschlagen hat. Steht in einer Woche eine Auktion von Staatsanleihen an, so wird grundsätzlich zum Wochenauftakt bekannt gegeben, wie viel über den oder die jeweiligen Bond(s) an den Märkten aufgenommen werden soll. Allzu häufig ist allerdings in Phasen guter Marktstimmung zu beobachten, dass die Schuldenmanager noch schnell einen weiteren Bond hinterher schieben. Getreu der Devise: Was wir haben, das haben wir! Von daher verwundert es auch wenig, dass die spanischen Schuldenmanager bei ihrer diesjährigen Refinanzierung vollkommen im Plan liegen. Bislang haben sie über Bonds etwas mehr als 48 Mrd. Euro und damit rund 52% des diesjährigen Refinanzierungsbedarfes über Anleihen bereits bewerkstelligt. Spanien hatte trotz des widrigen Marktumfeldes aufgrund der Schuldenkrise in diesem Jahr auch noch keine ernst zu nehmenden Schwierigkeiten in der Refinanzierung. Hoffentlich bleibt das so. Denn es ist sehr fraglich, dass Spanien über die europäische Gemeinschaft auch noch gestützt werden kann, zumindest über einen längeren Zeitraum.

Doch was nutzen beruhigende Fundamentaldaten, ein als robust eingestuftes Bankensystem und Schuldenmanager, die mit Voraussicht agieren, wenn sich das Marktsentiment drastisch verschlechtert? Im zehnjährigen Laufzeitenbereich handeln die Staatspapiere nahe elfjähriger Hochs. Von Beruhigung war auch bei den jüngsten Geldmarktauktionen nichts zu spüren. Die Renditen zogen an, wenn auch nicht dramatisch. Der Markt kann bekanntlich eine ganz eigene Sichtweise entwickeln.

Mehr und mehr rückt nun noch ein ganz anderer Aspekt bei der spanischen Refinanzierung in den Blick der Marktteilnehmer. Bei Spanien stehen Fälligkeiten an. Am 30. Juli sind es 15,49 Mrd. Euro, die für eine Anleiherückzahlung aufzubringen sind. Hinzu kommen 0,8 Mrd. Euro an Kuponzahlungen. Doch damit nicht genug. Inklusive der auslaufenden Geldmarktpapiere (T-Bills) müssen die Spanier nach Berechnungen der Zinsexperten der Commerzbank 22,8 Mrd. Euro auf den Tisch legen. Zur Erinnerung: In den Monaten Juli und August geht der Anleiheprimärmarkt für gewöhnlich in die Sommerpause. Das sind nicht die besten Bedingungen für Anleiheemissionen. Es bleibt zu hoffen, dass Spanien weiterhin recht problemlos durch die Märkte kommt und nicht das eintritt, was jüngst zu hören war: Hoffentlich verlieren die Marktteilnehmer nicht irgendwann ganz die Geduld und rutschen die Märkte für risikobehaftete Assets nicht kräftig ab. Das wäre für Spanien gar nicht gut.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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