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Kölnische Rundschau: zu Sterbehilfe

Archivmeldung vom 31.01.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.01.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Rückzug des Staates¶ Raimund Neuß zur Sterbehilfe-Debatte¶ Was soll geschehen, wenn ein kranker Mensch nicht mehr leben möchte? Die Lösungen, die die Benelux-Staaten gefunden hatten, erscheinen auch vielen deutschen Beobachtern vorbildlich. Liberal klingt das für viele und logisch bezwingend: Wer sterben will und diesen Wunsch nicht ohne fremde Hilfe umsetzen kann, der soll diese Hilfe erhalten.

Der Staat sichert den Rahmen dafür, zieht sich aber aus der höchstpersönlichen Entscheidung zurück. Niemand, heißt es, werde damit zu etwas gezwungen. Wer etwa aus religiösen Gründen das Töten auf Verlangen ablehne, möge ja dabei bleiben, wird argumentiert. Aber hat er das Recht, anderen seinen Weg vorzugeben? Nein, sagte die politische Mehrheit in den Niederlanden, in Belgien und Luxemburg. Sollte unser Land diesem Vorbild folgen? Die Realität der Sterbehilfe in den Niederlanden, aber auch in den beiden anderen Benelux-Ländern lässt große Zweifel daran aufkommen. Euthanasie, wie man das in den Niederlanden ungeniert nennt, ist zu einer Routinemaßnahme geworden. Und anstatt existenzielle Konflikte zu lösen, hat man neue geschaffen.

Denn es ist nun plötzlich der Staat, der eine Infrastruktur für die Tötung auf Verlangen zu sichern hat. Was ist denn mit der moralischen Freiheit der Personen, die damit beauftragt sind? Betroffen sind ja nicht nur Kommissionsmitglieder, die zurücktreten können, und Ärzte, die ihr Mittun verweigern mögen, sondern auch Mitarbeiter von Pharmaunternehmen, Apotheken, Pflegeheimen und Versicherungen.

Und wie steht es um den Willen des Patienten? Welcher Kranke ist krank genug zum Sterben? Wer attestiert, dass er sich des Ausmaßes seiner Entscheidung bewusst ist? Wer schließt aus, dass ein alter Mensch sich nicht aus freien Stücken entschließt, sondern den Erwartungen seiner Angehörigen entsprechen will? Wer stellt den Willen eines Demenzpatienten oder eines psychisch Kranken fest? Ein größeres Geldgeschäft ist ihm nicht zuzutrauen, aber eine Entscheidung über Leben und Tod? Und wenn der Patient sich nicht äußern kann? Über das alles entscheiden Kommissionen, Ärzte überwachen es - was maßen sie sich damit eigentlich an?

Der Staat sollte sich in der Tat zurückhalten, aber in einem anderen Sinne als in den Benelux-Ländern. Es ist nicht die Aufgabe von Ärzten, Menschen zu töten, und es ist nicht die Aufgabe des Staates, solche Tötungen zu organisieren. Was der Staat dagegen - besser als bisher - sicherzustellen hat, ist die palliative Behandlung Sterbenskranker.

Aber es ist eine Illusion zu glauben, bei einer optimalen Palliativversorgung werde niemand mehr den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe haben. Doch, diesen Wunsch wird es weiter geben. Nur, so schwer es fallen mag - es ist nicht Sache des Staates und der vom Staat approbierten Mediziner, so einen Wunsch zu erfüllen.

Quelle: Kölnische Rundschau (ots)

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