WAZ: Streit um Hotelsteuer
Archivmeldung vom 01.07.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Politik ist ein Rüffel zuweilen ein Ritterschlag, auch wenn die Kritik von der Kanzlerin kommt, erst recht wenn sie vom CSU-Chef stammt. So gesehen hat der junge FDP-Generalsekretär Lindner einmal mehr sein taktisches Talent bewiesen: Er hat es als erster geschafft, die FDP in Sachen Hotel-Steuer aus der Grube namens Klientel-Partei zu befreien, in die sie sich manövriert hatte. Jetzt wird klar, dass auch die CSU aus dem Hotel-Land Bayern diesen Unsinn betreibt. So weit die Taktik.
In der Sache bleibt der Vorgang, was er ist: eine ökonomisch unsinnige Bevorzugung einer einzelnen Branche. Man darf gespannt sein, ob die Liberalen die intellektuelle Kraft haben, die Risse in ihrem ordnungspolitischen Fundament zu kitten. Ansätze gäbe es zuhauf: Es klafft eine gigantische Lücke zwischen der Oberflächen-Politik einer Steuersenkungspartei und der Aufarbeitung der Finanzkrise. Solange immer noch zig Billionen Dollar losgelöst von echten Werten als Spekulationsblasen um den Globus treiben, muss man von entfesselter Marktwirtschaft sprechen. Wenn eine kleine Gruppe Finanz-Alchimisten die Macht hat, ganze Staaten in Haftung zu nehmen, läuft etwas schief. Schlag nach in den Heften "Ordnung der Wirtschaft" (Walter Eucken, 1937).
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung