Rheinische Post: Stoibers Frühstart
Archivmeldung vom 08.11.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer schwarz-rote Koalitionsvertrag hat auf manchen Seiten Raum für Streit gelassen, so auch beim EU-Beitritt der Türkei. Union und SPD konnten sich nur verständigen, die Verträge zu bewahren. Das Kalkül: Bis 2009 wird hier ohnehin nichts zu entscheiden sein. Edmund Stoiber sieht nun aber die Chance gekommen, die ungeliebten Verhandlungen auf Eis legen zu können, indem er hart von "Vertragsbruch" spricht.
Das richtet sich formal gegen Ankara,
tatsächlich aber gegen die SPD. Zu Deutsch: Wenn die Türken sich
nicht an Verträge halten, brauchen wir es auch nicht. Freilich zeigen
auch die bayerischen Kalender erst den 8. November. Ankara ist
verpflichtet, bis Jahresende die Häfen auch für Zypern zu öffnen.
Nicht bis 7. November. Stoiber wäre im Konjunktiv wirkungsvoller
gewesen: Sollte Ankara seine Verpflichtungen nicht erfüllen, dürfte
die EU die Verhandlungen nicht fortsetzen.
Stoibers Übers-Ziel-Hinausschießen hat wenigstens eine erhellende
Erkenntnis gebracht: die beschwichtigenden Reaktionen der
Beitrittsbefürworter. Unter ihnen scheinen einige bereit zu sein,
Ankaras Ausfälle hinzunehmen. Ein solcher Weg aber würde Europa in
tiefen Treibsand führen.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post