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WAZ: Nach dem Abgang Ypsilantis: Die SPD muss über die Linkspartei reden

Archivmeldung vom 08.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Gestern wusste noch niemand, wer Dagmar Metzger ist. Morgen steht sie im Geschichtsbuch. Als die Frau, die aus Gewissensnot verhindern konnte, dass eine führende Sozialdemokratin mal eben so, für ein paar Monate an der Macht, die Werte ihrer Partei verraten hätte.

Dagmar Metzger hat jedenfalls eine Menge im Kreuz. Mehr als andere. Ihr: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, beeindruckt erheblich mehr als die von Taktik bestimmte Eierei der "Stones" - Steinbrück und Steinmeier. Frau Metzger hat es richtig gemacht. Sie konnte es, weil ihr Werte-Bewusstsein genau im richtigen Moment funktioniert hat.

Lassen wir für einen Moment beiseite, dass Ypsilanti, ohnehin nur zweite Wahl, nun wohl eine Frau von Gestern ist. Lassen wir beiseite, dass dies eine grandiose Niederlage ist auch für den SPD-Vorsitzenden Beck, dass seine Kanzlerkandidatur fraglicher ist denn je. Aber nicht beiseite lassen sollten wir den Versuch führender SPD-Politiker, die Linkspartei als Normalfall zu behandeln. Sie ist es nicht, und die SPD sollte nicht vor ihr kapitulieren.

Gerade für die Linkspartei im Westen gilt: Sie ist eine Anti-System-Formation. Das unterscheidet sie von den Grünen der achtziger Jahre. Die hatten zwar auch Wirrköpfe in ihren Reihen, wollten aber nicht unsere Gesellschaftsordnung von Grund auf ändern. Die Tatsache, dass unsere Gesellschaft auseinanderdriftet, der Abstand zwischen Arm und Reich größer wird und darum sich jeder Fünfte vorstellen kann, die Linkspartei zu wählen, darf nicht dazu führen, sie für eine Partei zu halten wie jede andere. Sie ist es nicht, und ihre Führung in Berlin weiß das auch. Dort, in der Parteizentrale der Linkspartei, hält man deren nordrhein-westfälischen Ableger für den schlimmsten Landesverband, für eine Ansammlung mindestens von Sektierern. Ähnliches gilt für die Linke in Hessen.

Die SPD war immer eine freiheitliche, den demokratischen Staat tragende Partei. Die Linke im Westen ist das, was rechtsaußen die NPD ist: keineswegs nur eine Bewegung für mehr soziale Gerechtigkeit, sondern auch eine totalitäre Versuchung. Die SPD sollte darüber reden. Voller Stolz auf ihre Geschichte und Tradition. Sie sollte den seltsam verhuschten Ansatz aufgeben, verzagt nur auf Koalitionsmöglichkeiten zu schauen. Und jemand sollte auf die Idee kommen, Dagmar Metzger einen Orden zu verleihen. Für ihre Verdienste um eine große Volkspartei und den Parlamentarismus.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Ulrich Reitz)

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