Neue Westfälische: Rente mit 69
Archivmeldung vom 22.07.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSelten ist es der Fall, dass die Reaktion der Politiker so einmütig ausfällt. Mit starken Worten dreschen sie auf die Bundesbank ein, die bis 2060 für eine Anhebung des Rentenalters auf 69 Jahre plädiert. Gerade den Regierungspolitikern kommt die Debatte ungelegen.
Denn schon die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 in der vergangenen Wahlperiode hat zu einem Sturm der Entrüstung geführt. Daran ändert auch nichts, dass dieser Sprung erst 2029 endgültig vollzogen werden soll. Die Menschen reagieren auf Reformen in der Sozialpolitik höchst sensibel. Seitdem Norbert Blüm mit seinem Spruch "Die Rente ist sicher" die Realität bis zur Unkenntlichkeit schönte, ist gerade beim Ruhegeld das Misstrauen groß. Tatsächlich ist das Rentenniveau im vergangenen Jahrzehnt gesunken. Mittlerweile ist es klar, dass ohne das Standbein der Riester- oder der Betriebsrente der Wohlstand im Alter nicht aufrechterhalten werden kann. Der tiefere Grund für alle Rentenreformen liegt in dem Umstand, dass die Zahl der nachkommenden Beitragszahler immer weiter sinkt, während die Zahl der Rentenempfänger steigt. Die Menschen werden außerdem älter und beziehen länger Rente. Aber das sind Gemeinplätze, die nicht auf jedes Leben übertragbar sind. Nicht nur der berühmte Dachdecker wird nicht bis zum 65., geschweige denn bis zum 67. Lebensjahr arbeiten können. Da die Lebenslagen so unterschiedlich sind und manche Gruppen der Bevölkerung wie Beamte oder Selbstständige überhaupt nicht in die Rentenkasse einzahlen, werden die Verhältnisse vom Einzelnen häufig als ungerecht erlebt. Deshalb hat die Politik alle Hände voll zu tun, Akzeptanz für die Rente mit 67 zu schaffen. Die Bundesbank kann es sich erlauben, über diese Grenze hinaus zu denken. Sie ist ja nicht von der Stimme der Wähler abhängig.
Quelle: Neue Westfälische