US-Banken in der besten aller Welten
Archivmeldung vom 15.01.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttUps, sie haben es wieder getan. Wie bereits im dritten Quartal haben die US-Finanzkonzerne J.P. Morgan und Citi auch im vierten Quartal die Prognosen der Marktbeobachter übertroffen. Dabei waren die Erwartungen der Analysten durchaus hoch gesteckt, nachdem sich im Jahresverlauf zunehmend abgezeichnet hatte, dass die Geschäftsmodelle bestens geeignet sind, um Handelskonflikt und Zinssenkung wegzustecken.
Als Universalbanken sind sowohl J.P. Morgan als auch Citi gleich in mehrfacher Hinsicht Profiteure von "America First", dem Credo von US-Präsident Donald Trump, das je nach Herkunft und Weltanschauung des Betrachters als Versprechen oder Schlachtruf verstanden werden kann.
Eine historisch niedrige Erwerbslosenquote von 3,5% ist nicht nur geeignet, die Wahlversprechen des Präsidenten als erfüllt anzusehen, sondern beflügelt auch die Konsumlaune und die Neigung, sich den Wunsch nach den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Das spiegelt sich in allen Bereichen des Privatkundengeschäfts wider, das sowohl bei J.P. Morgan als auch bei Citi herausragend läuft. Die US-Zinssenkung hat das Ihrige dazu getan, dass insbesondere das Geschäft mit Konsumentenkrediten boomt. Laut einer Studie der Notenbank summieren sich die 2019 ausgereichten Kredite der 25 größten US-Kreditinstitute per Ende Dezember auf 1,2 Bill. Dollar, was im Vergleich zum Vorjahr einem Zuwachs um 13% entspricht. Auch das Kreditkartengeschäft blüht.
Nicht weniger rund läuft es im Investment Banking. Die robuste Konjunktur und anhaltende Spannungen mit China machen die USA für Investoren aus aller Welt zum derzeit attraktivsten Zielland für Firmenübernahmen - da liegt es nahe, US-Banken zu mandatieren, die nicht nur global die Top-Adressen sind, sondern auch über die besten lokalen Marktkenntnisse verfügen. Im Wertpapierhandel werden die starken Ergebnisse im Schlussquartal zusätzlich aufgehübscht vom Basiseffekt, der aus dem Ausverkauf an den Weltbörsen im Vorjahresquartal resultiert.
Von allzu langer Dauer wird die beste aller Welten für die US-Banken nicht sein. Stottert der Konjunkturmotor und zeigt die Kreditkarte ihr wahres Gesicht als Überschuldungsfalle für Privathaushalte, wird Risikovorsorge die Gewinne unweigerlich schmälern oder aufzehren. Der unter Trump eingeleitete Trend zur Deregulierung mag den Banken vorübergehend dabei helfen, die Folgen eines Abschwungs abzufedern - auf lange Sicht kann er sie in die nächste Krise führen.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Anne Sleegers