Mutige Prognose
Archivmeldung vom 18.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttSo manches Unternehmen dürfte neidische Blicke auf die Deutsche Börse werfen. In einem von Handelskonflikten und sinkendem globalen Wachstum geprägten Umfeld, in dem viele Gesellschaften rückläufige Ergebnisse vorweisen und Abstriche an ihren Prognosen vornehmen mussten, hat der Marktbetreiber sein Ergebnis erneut prozentual zweistellig gesteigert.
Nicht genug damit: Auch für 2020 ist das Unternehmen zuversichtlich und avisiert einen um rund 8,5% höheren Überschuss, während viele Firmen unter den vom Virusausbruch ausgelösten ökonomischen Verwerfungen leiden.
Die Prognose der Deutschen Börse kann als durchaus mutig bezeichnet werden. Denn auch sie hat mit widrigen Umständen zu kämpfen. Durch das wohl dauerhaft niedrige Niveau der Zinsen werden die 2019 noch gestiegenen Zinseinnahmen aus dem Clearstream-Bankgeschäft zurückgehen und außerdem das Handelsvolumen der Anleihederivate der Eurex leiden. Hinzu kommt die niedrige Volatilität, die die Handelsaktivitäten an den Kassa- und Derivatemärkten insgesamt hemmt.
Seinen Mut kann das Unternehmen aus stetig, zuverlässig und zum Teil sehr stark steigenden Erlösen in Geschäftsfeldern mit strukturellem Wachstum schöpfen. Dabei kommen ihm nicht zuletzt regulatorische Trends wie etwa der zunehmende Druck zur Verlagerung außerbörslichen Handels auf börsliche Plattformen und zur Nutzung zentraler Gegenparteien entgegen. Vor allem erntet es die Früchte seiner Übernahmen einschließenden, gezielten Investitionen in diese Gelegenheiten und weitere Wachstumschancen, die sich beispielsweise aus der sehr stark wachsenden Nutzung von Indizes durch Investoren ergeben. Neue Dienstleistungen und Produkte, neue Kundengruppen, die Ausweitung geografischer Reichweite und Marktanteilsgewinne treiben auf vielen Kanälen das Wachstum des Unternehmens. Paradebeispiel ist das Clearing außerbörslicher Derivate, dessen Erlösbeitrag 2019 von 25,6 auf 41,2 Mill. Euro anzog.
Nicht ganz so mutig wie die Deutsche Börse sind allerdings die Analysten. Die von Bloomberg erfasste Analystenempfehlungsbilanz fällt mit acht Kauf-, zwölf Halte- und sechs Verkaufsvoten nicht gerade euphorisch aus. Das ist dem stark gestiegenen Kurs der Aktie bzw. der dadurch deutlich höheren Bewertung geschuldet. Mit einem KGV auf Basis des Konsenses für 2020 von rund 24 ist die sehr gute operative Entwicklung bereits ein gutes Stück weit im Kurs enthalten.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Christopher Kalbhenn