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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum US-Abzug aus dem Irak

Archivmeldung vom 14.07.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.07.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die US-Truppen sind abgezogen, die ausländischen Ölkonzerne zurückgekehrt. Sie bekommen Fördergenehmigungen für Ölfelder im Irak, dessen Reserven mit 115 Milliarden Barrel die viertgrößten der Welt sein sollen.

Damit sind die Konzerne die ersten Gewinner des Rückzugs der amerikanischen Soldaten aus den Städten und Dörfern im leidgeprüften Land. Für den Irak ist der Abzug einerseits ein Grund zur Freude. Das Land gewinnt ein Stück Souveränität, die Menschen fühlen sich befreit von den »Besatzern«, wie viele die fremden Soldaten empfanden. Andererseits droht ein Machtvakuum. Das Nachbarland Iran würde nur zu gern hineinstoßen. Dass Teheran die Aufständischen im Irak unterstützt, ist ein offenes Geheimnis. Die Bevölkerung, die sich so sehr nach Ruhe und Sicherheit sehnt, befürchtet eine neue Welle von Terrorakten etwa der El-Kaida. Einen Vorgeschmack lieferten in den vergangenen Tagen Anschläge mit zusammen mehr als 100 Toten. Womöglich erstarken auch die früheren Anhänger des gestürzten Diktators Saddam Hussein. Wie Sprengstoff sind auch die religiösen Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten, die das Land spalten. Der Rückzug der Amerikaner ist hochriskant, zum Glück gibt es eine Rückversicherung. Denn vollständig weg sind die US-Soldaten erst Ende 2011. 134 000 GIs verharren in Militärstützpunkten außerhalb der Städte - als Abschreckung für Rebellen und als Eingreiftruppe für den Fall, dass die irakische Armee den Herausforderungen nicht gewachsen sein sollte. Mit 650 000 Soldaten und Offizieren könnten die Einheimischen für Sicherheit sorgen, erklärte US-General David Petraeus. Militärexperten bezweifeln das. Wenn es kritisch wird, werden die US-Soldaten ihre Kasernen verlassen und wieder kämpfen. Der Irak ist Washingtons schwärende Wunde. Würde das Land abermals im Bürgerkriegschaos versinken, wären alle Anstrengungen und der Tod tausender Soldaten sinnlos gewesen. Amerika hat ein Interesse daran, dass sich ein demokratischer Irak behauptet. Alles andere wäre sowohl eine Niederlage von Regierungschef Nuri al-Maliki als auch von US-Präsident Barack Obama. Der Weltpolizist USA hätte versagt. Obama aber will den Irak zu einem erfolgreichen Vorbild für Afghanistan machen. Es ist leicht, einen Krieg zu beginnen, aber ungleich schwerer, aus ihm wieder heraus zu kommen. Trotz des Sturzes von Saddam Hussein bekamen die Amerikaner und Briten das Land nie ganz unter Kontrolle. Die asymmetrische Kriegführung mit Anschlägen aus dem Hinterhalt und Straßenkämpfen ist nicht zu vergleichen mit den Feldschlachten der Vergangenheit. Der Rückzug der US-Truppen ist auch das Ergebnis zweier Erkenntnisse. Erstens: Die Akzeptanz des Krieges in der amerikanischen Öffentlichkeit sinkt stetig. Zweitens: Konflikte im 21. Jahrhundert sind mit Gewalt kaum zu lösen.

Quelle: Westfalen-Blatt

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