Neue Westfälische (Bielefeld): Ende der Wehrpflicht
Archivmeldung vom 04.01.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Stück deutscher Geschichte ist zu Ende gegangen: Die letzten Wehrpflichtigen sind in die Bundeswehr-Kasernen eingerückt. Auch wenn es offiziell nur ein "Aussetzen der Wehrpflicht" ist, glaubt niemand, dass sie jemals wieder eingeführt werden wird. Die Erfordernisse an die Bundeswehr seien nach dem Ende des Kalten Krieges andere geworden und die Wehrgerechtigkeit sei längst auf der Strecke geblieben, so die Begründung. Stimmt. Aber entscheidender ist, dass der Zeitgeist über die Wehrpflicht hinweggegangen ist.
Es war nicht mehr schick, sich für den Dienst an der Waffe, für den Dienst an der Allgemeinheit auszusprechen. Allein Begrifflichkeiten wie "Pflicht" und "Dienst" machen schon lange keine Freunde mehr. Und so hat die Politik die Wehrpflicht langsam ausgeblutet, die Dienstzeit von 18 Monate auf sechs reduziert und nun konsequent de facto abgeschafft. Es brauchte nur des forschen Verteidigungsministers zu Guttenberg, der seine Entschlusskraft unter Beweis stellen wollte und schon ist eine Institution Vergangenheit. Dabei sind enorme innenpolitische Debatten-Schlachten um die Wehrpflicht geschlagen worden. Die ideologischen Auseinandersetzungen bis in die 80er Jahre entzündeten sich oft an ihr. Wiederholt befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Wehrdienst. Ob Verteidigungsminister zu Guttenberg mit dem Manöver wirklich glücklich wird, ist nicht sicher. Er hat damit mehr Fragen gestellt als Antworten gegeben. Offen ist, ob er Geld spart und die Truppe beweglicher wird und fitter für die neuen Bedrohungslagen. Woher qualifizierter Nachwuchs für die Bundeswehr kommen soll, weiß niemand. Und völlig unklar ist, wie das Gegenstück zur Wehrpflicht, der Zivildienst ersetzt werden kann. Mit dem Ende dieser beiden Einrichtungen verliert Deutschland ein Stück Bürgergesellschaft.
Quelle: Neue Westfälische