Lausitzer Rundschau: Zu Mauerbau/Jahrestag: Der Blick von Osten
Archivmeldung vom 12.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie meiste Zeit war der Blick auf die Mauer dem Westen vorbehalten. Vor dem Fall des Bauwerks war da das voyeuristische Klettern auf die Aussichtsplattform, nach dem 9. November 1989 die Rückschau auf ein absurdes Monstrum, in dem die Stereotypen vom riesigen Gefängnis DDR überlebten.
Es war ein fremder Blick.
Denn es wird sich im Westen lange nicht jeder von denen, die schon
etwas in die Jahre gekommen sind, überhaupt an jenen 13. August 1961
erinnern. Es war allerdings für die allermeisten, die damals in der
DDR lebten der einschneidende Tag, der das ganze weitere Leben
prägte.
Öfter und lauter reden nun immerhin schon einige von diesem Sommer
vor 45 Jahren. Mit ihrem Nachdenken wird auch klarer, wie ambivalent
für die große Mehrheit der damaligen DDR-Bürger die Zukunft vor dem
Mauerbau war mit der steten Möglichkeit zur Flucht.
Und die Erinnerung daran ist oft mit einer gewissen Scham und
trotzigem Widerspruch verbunden. So verwundern die Zögerlichkeiten
auch nicht, mit denen viele sich auch nach 45 Jahren dem Tag des
Mauerbaus nähern.
Aber es ist höchste Zeit, den Kindern, Enkeln und Urenkeln von diesem
Tag und den Gefühlen dieses Tages zu erzählen. Es war ja zumeist ein
Erwachen mit der schrecklichen Gewissheit, keine Wahl mehr zu haben.
Es gibt wenig, was die DDR besser erklären könnte, als die
ungeschminkte, ehrliche Erinnerung an diesen Tag, an dem in Berlin
die Bauarbeiter der Republik eine Mauer zu bauen hatten. Es ist Zeit
für den Blick vom Osten auf die Mauer.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau