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Börsen-Zeitung: Gelbe Warnlampe leuchtet

Archivmeldung vom 28.04.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.04.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Kommt die US-Rezession und macht den großen Zentralbanken einen Strich durch ihren Exit aus dem Quantitative Easing, bei dem sie entweder erst noch am Anfang stehen oder ihn dann gerade erst begonnen haben oder beginnen? Und wird diese Rezession wieder vorab richtig vom Staatsanleihemarkt, also der Renditestrukturkurve, angezeigt? Das ist derzeit eine Frage, mit der sich die US-Notenbank Fed und Marktteilnehmer auseinandersetzen.

Von einem Ende oder zumindest einem Nachlassen der robusten US-Konjunkturaktivitäten auszugehen, ist zumindest nicht völlig abwegig. Die gegenwärtige Expansion startete im Juli des Jahres 2009 und hält somit nun 106 Monate an. Sollte sie sich auch noch im kommenden Monat fortsetzen, wäre es der zweitlängste Boom der US-Wirtschaft seit den sechziger Jahren. Schafft es die US-Konjunktur, diese Phase der Prosperität auch noch bis Juli 2019 fortzusetzen, dann würde auch der bislang längste Boom, nämlich der aus den neunziger Jahren, noch übertroffen. Signale, dass es zu Ende gehen könnte, sendet derzeit der US-Staatsanleihemarkt. Und diese Signale hat er in der Vergangenheit recht verlässlich gegeben, und zwar über eine bestimmte Formation der Renditestrukturkurve.

Betrachtet wird dabei der Zinsabstand im Laufzeitenband von zwei bis zehn Jahren der US-Staatsanleihen. Bei einer normalen Kurve liegen die langfristigen Sätze über den kurzfristigen Renditen. Bei einem Aufschwung ist das der Fall. Denn am Markt wird angenommen, dass die Zentralbank über Zinssteigerungen langfristig einem Überhitzen der Wirtschaft vorbeugen und Inflationsgefahren eindämmen muss. Flacht die Kurve ab, bedeutet dies, dass die kurz- und langfristigen Sätze ab einem gewissen Punkt auf dem gleichen Niveau liegen. Eine Inversion liegt vor, wenn die langfristigen Sätze dann irgendwann unter den kurzfristigen Zinsen liegen. Mit einer flacher werdenden und irgendwann invertierenden Kurve signalisiert der Markt, dass er damit rechnet, dass sich die Wirtschaftsleistung abschwächen wird und die Zentralbank auf längere Sicht der Wirtschaft wieder mit Zinssenkungen unter die Arme greifen muss.

Derzeit weist die Kurve zwar immer noch eine gewisse Normalität auf, liegen die zehnjährigen Sätze ja noch über den zweijährigen Sätzen, aber die Kurve ist enorm abgeflacht. Mit einem Zinsabstand von rund einem halben Prozentpunkt weist sie den geringsten Abstand seit dem Jahr 2007 auf. Anleger fragen sich damit natürlich, ob dieser Trend jetzt noch anhalten wird und vor allem, ob die flache bzw. später womöglich invertierende Kurve auch dieses Mal wieder richtig den Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität und den Übergang zur Rezession anzeigt.

In der Vergangenheit war das immer ein sicheres Signal. Jeder der vergangenen fünf US-Rezessionen ging eine Inversion der Kurve voraus, und zwar rund 24 Monate vor Beginn der Rezession. In der Vergangenheit konnte laut Analysten nur ein einziges Mal eine Inversion beobachtet werden, der nicht 24 Monate später eine Rezession folgte. Das sind schon recht ordentlich Prognoseergebnisse der Kurve. 2005/2006 invertierte die Kurve in den USA, 2007/2008 brach die Finanzkrise aus. Im Übrigen: Zu dieser Zeit war auch die kanadische Kurve invertiert, die derzeit auch flach ist. Als Anfang dieses Jahrtausends die Technologie-Bubble platzte, waren die Kurven in den USA und Kanada zuvor ebenfalls flacher geworden und dann invertiert.

Sicher, die Vergangenheit ist kein Garant für die Zukunft. Und immer sind Menschen natürlich auch geneigt zu sagen: "Dieses Mal ist es anders." Und die Tendenz zu einer derartigen Aussage ist natürlich umso stärker, wenn es sich um negative Entwicklungen handelt, die da womöglich auf einen zukommen. Anders ausgedrückt: Würden eine abflachende Zinskurve und die spätere Inversion einen Aufschwung ankündigen - was natürlich aufgrund der wirtschaftlichen Implikationen so nicht möglich ist -, wären viele Menschen eher geneigt, dem Signal zu vertrauen. Denn es kommt ja etwas Gutes auf einen zu.

Es besteht derzeit kein Grund, in Panik zu verfallen, schließlich ist die Kurve derzeit flach und nicht invers. Und natürlich können noch genügend Entwicklungen eintreten, die die Kurve wieder steiler werden lassen. Kurzum: An den US-Rentenmärkten brennt jetzt nicht durchgehend die rote Alarmleuchte. Angesichts der Prognosegüte der Zinsstrukturformationen sollte man diese Renditebewegungen als Signalgeber nicht vom Tisch wischen und die flache Kurve als das interpretieren, was sie ist: als gelbe Warnlampe, die angefangen hat zu leuchten.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Kai Johannsen

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