Rheinische Post: Prozess als Bühne
Archivmeldung vom 07.06.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKeine Frage, dies wird der Prozess des Jahres. Dominique Strauss-Kahn, dessen Kürzel "DSK" durch diese unrühmliche Affäre inzwischen weltbekannt ist, weist den Vorwurf der versuchten Vergewaltigung weit von sich. Der ehemalige IWF-Chef hat vor dem Richter auf "nicht schuldig" plädiert. Damit steht dem typisch amerikanischen Justiz-Spektakel nichts mehr im Weg, bei dem im Gerichtssaal mit allen Tricks gekämpft wird.
Das ist zwar unterhaltsam, für den europäischen Geschmack aber auch etwas befremdlich. Trotzdem sollten wir uns darüber nicht mokieren. Schließlich hat sich die deutsche Justiz beim Kachelmann-Prozess auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das Szenario deutet sich bereits an: DSK will offenbar argumentieren, dass er das Zimmermädchen zu nichts gezwungen habe. Die Hotelangestellte hält dagegen, der Franzose habe ihr Gewalt angetan. Beide Seiten stilisieren ihren Fall schon jetzt zu einem Kampf für die gerechte Sache. Das Umfeld von DSK streut weiter die These vom politischen Komplott. Und das Schicksal des mutmaßlichen Opfers wird von Feministinnen zum Fanal erklärt. Da wird ein Strafprozess zur Bühne für viele Nebendarsteller. Der Wahrheitsfindung dient das nicht unbedingt.
Quelle: Rheinische Post (ots)