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BERLINER MORGENPOST: Erst Wetterbericht lesen, dann Bahn fahren

Archivmeldung vom 23.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wer in diesem Sommer noch eine Fahrt mit dem ICE der Deutschen Bahn plant, tut auf jeden Fall gut daran, vor dem Kauf seiner Fahrkarte den Meteorologen seines Vertrauens zu kontaktieren. Denn wer geglaubt hat, das Spitzentreffen zum Ausfall der Klimaanlagen in den Paradezügen des größten europäischen Schienenkonzerns würde zu einer Lösung oder zumindest zu einer durchbrechenden Klärung des Problems führen, sieht sich getäuscht.

Klar ist nur: Bei entsprechender Witterung müssen die Fahrgäste weiterhin damit rechnen, unfreiwillig zu schwitzen. So unvorstellbar es ist - auch zehn Tage nach dem ersten gravierenden Zwischenfall mit einem Sauna-ICE gibt es weder konkreten Aufschluss über die technischen Ursachen der Pannenserie, noch exakte Angaben zu möglichen Versäumnissen bei der Beschaffung oder Wartung der Züge. Stattdessen gibt es nur Vermutungen, ungeklärte Zuständigkeiten und spekulative Schuldzuweisungen. Die Deutsche Bahn, die Bahnindustrie, die Aufsichtsbehörde Eisenbahn-Bundesamt und das Bundesverkehrsministerium - alle zeigen mit dem Finger auf die anderen, Schuld an der Malaise und daher letztlich voll verantwortlich für die Probleme fühlt sich keiner. Das Treffen im Verkehrsausschuss des Bundestages hätte man sich vor diesem Hintergrund glatt schenken können. Das ist ein Armutszeugnis für alle Beteiligten - vor allem für die Bahn selbst. Sie vermittelt, wie auch schon zuvor beim Achsen- oder auch beim Heizungsdesaster, keineswegs den Eindruck, der Lage gewachsen zu sein. Sicherlich wäre es ungerecht, alle Schuld daran Bahnchef Rüdiger Grube zuzuweisen. Viele der Pannen resultieren aus Entscheidungen, die weit vor seinem Amtsantritt getroffen wurden. Da war Bahnchef Heinz Dürr, der ab 1994 unglaubliche Mengen an Zügen bestellte und damit die Industrie zu diesem Zeitpunkt überforderte. Ihm folgte Hartmut Mehdorn, der dem Konzern wegen des geplanten Börsengangs einen rigiden Sparkurs verordnete. Als Grube vor eineinhalb Jahren seinen Posten von Mehdorn übernommen hat, kündigte er an, dass er vor allem das Brot- und Buttergeschäft des Konzerns, den heimischen Schienenverkehr, in Ordnung bringen wolle. Bisher ist die Bilanz zumindest aus Sicht der Kunden ernüchternd: Nicht allzu viel ist anders, aber manches sogar noch schlimmer geworden. Wenn der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer nun den Börsengang als Quell allen Übels ausmacht und der Bahnchef gar den Klimawandel in Haftung nimmt, lenkt dies nur vom Kern des Problems ab: Das System Schiene scheint nicht beherrschbar zu sein - zumindest in Deutschland nicht. Für ein Land, das seinen Stolz und auch seinen Wohlstand im Wesentlichen auf den Nimbus eines Hightech-Standortes gründet, ist das eine bittere Erkenntnis.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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