Leipziger Volkszeitung zum Nahost-Konflikt
Archivmeldung vom 14.08.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.08.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie UN-Resolution 1701 war eine schwere Geburt. Erst einen Monat nach Beginn der Kriegshandlungen im Südlibanon fand der Weltsicherheitsrat einen gemeinsamen Nenner. Doch selbst wenn das Ringen noch länger gedauert hätte: Es gibt keine Alternative zu einer UN-geführten Friedenslösung.
Das große erleichterte Aufatmen will sich dennoch nicht
einstellen, auch wenn das israelische und das libanesische Kabinett
der Resolution und damit einer Waffenruhe ab heute morgen zugestimmt
haben. Denn die Realität bewegt sich derzeit konträr zu den
diplomatischen Bemühungen. Die Hisbollah feuert aus allen Rohren auf
Nordisrael. Und die israelische Armee nutzt den Tag vor der
Waffenruhe, um die größte Bodenoffensive im Südlibanon zu starten und
die Radikalislamisten so weit wie möglich zu verdrängen. Denn dieses
eigentliche Kriegsziel haben die Israelis nicht erreicht. Und nur die
Erkenntnis, dass die Hisbollah mit militärischen Mitteln nicht zu
schlagen ist, führte offenbar dazu, dass die USA und Israel sich auf
die Resolution einließen.
Das unter Federführung von Washington und Paris entstandene
UN-Papier differenziert sehr wohl und richtet deutliche Worte an die
Hisbollah, indem es von ihr "die sofortige Einstellung aller
Angriffe" fordert - sowie deren Entwaffnung. Von Israel wird
lediglich eine Ende "aller militärischen Offensivoperationen"
verlangt sowie ein Truppenrückzug parallel zur Entsendung von UN- und
libanesischen Streitkräften. Damit setzt der Sicherheitsrat klare
Zeichen, was die islamistischen Terroristen und ihre Unterstützer
Syrien und Iran betrifft. Insgesamt lässt die Resolution 1701
allerdings noch vieles offen über die Zukunft des Libanon.
Den Menschen in der Region wäre schon viel geholfen, kommt erst
einmal die Waffenruhe zustande. Dazu braucht die Uno weitere 13 000
Soldaten, die zusammen mit der libanesischen Armee für Sicherheit
sorgen und die Hisbollah entwaffnen. Und als hätten sich über Nacht
die besonderen deutsch-israelischen Beziehungen verändert, plädieren
plötzlich Politiker von Union und SPD und selbst führende Militärs
munter für einen Einsatz der Bundeswehr. Die Vorschläge folgen
allerdings eher dem Motto: Wir sind dabei, aber mehr im Hintergrund.
Denn die Rede ist vom Einsatz an der logistischen Front, von
Überwachung auf See oder der Grenzsicherung zu Syrien, also möglichst
dort, wo die Deutschen keinem israelischen Soldaten begegnen. Dabei
dürfte doch bekannt sein, dass die libanesische Armee es allein nicht
schafft, die Hisbollah zu entwaffnen. Dazu ist möglichst schnell eine
handlungsfähige UN-Truppe nötig mit robustem Mandat. Wollen die
Deutschen für sich eine Sonderrolle beanspruchen? Ein wenig mehr
Ehrlichkeit und Zurückhaltung in der Diskussion wäre angebracht.
Dieses sensible Thema ist nichts für Sonntagsreden. Die Deutschen
können auch anders helfen als mit Soldaten.
Denn schafft es die internationale Truppe nicht, die Resolution
1701 umzusetzen, formiert sich die Hisbollah neu, der Krieg flammt
wieder auf. Und die Waffenruhe, die hoffentlich heute beginnt, bliebe
eine Episode.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung