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Westfalenpost: Zu blauäugig Russischer Machtpoker um Gaslieferung

Archivmeldung vom 03.01.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.01.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Im Weltbild des Wladimir Putin muss es ein Ende haben mit der drittklassigen Rolle auf dem Weltparkett. Russlands Präsident scheut sich nicht, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um ein geopolitisches Gleichgewicht nach dem Zerfall der Sowjetunion zu erreichen.

In diesem Machtpoker kommt es nicht von ungefähr, dass der frühere Geheimdienstoffizier und erklärte Militärfreund den Energiereichtum nutzt und missliebige Nachbarn schlicht und einfach erpresst. Heute die Ukraine, morgen vielleicht Georgien oder das Baltikum. Im aktuellen Gasstreit macht sich der Kreml-Chef nicht einmal die Mühe zu verbergen, dass es dem vom Staat gelenkten Energiekonzern Gasprom nicht um die Gaspreishöhe geht. Unverfroren werden machtpolitische Interessen wahrgenommen: Die westlich orientierte Ukraine, die mit der EU und Nato liebäugelt, steht seit der orangenen Revolution auf der schwarzen Liste. Deutlich wird das im Verhältnis zu Weißrussland: Putin-Vasall Lukaschenko darf das Gas weiterhin zum Treuepreis verbrauchen.
Pünktlich zur Übernahme des Vorsitzes in der G 8, der Gruppe führender Industrienationen, hat Putin den Gashahn zugedreht und demonstriert, wie er das neue Selbstverständnis Russlands sieht: Machtvoll und ohne Skrupel. Dieses imperiale Gehabe muss Europa, insbesondere Deutschland, schrecken. Ohne Scheu hat der Kreml-Chef zu verstehen gegeben, wie man mit Gas oder Erdöl unliebsame Kräfte einengt und politische Allianzen schmiedet.
Die EU hat darauf keine Antwort. Eine gemeinsame Energiepolitik gibt es noch nicht einmal auf dem Papier. Dieses blauäugige Verhalten wiegt doppelt schwer, weil Europa auf riesige Einfuhren angewiesen ist. Brüssel hat schon viele, oftmals auch unsinnige, Erlasse und Verfügungen angeordnet, die notwendige Einordnung der Energieversorgung ist schlicht und ergreifend vernachlässigt, verschlampt worden.
Unter diesem Gesichtspunkt muss man die Ostsee-Gaspipeline sehen. Berlin kann nicht so tun, als wenn es sich beim Bau nur um euröpäische Versorgungssicherheit handelt. Es bleibt zu hinterfragen, wie abhängig sich Deutschland vom russischen Gas macht und welchen Preis man dafür zahlt. Mehr Alternativen sind zur Absicherung vonnöten, weil der Kreml die ökonomische und politische Macht auf sich konzentriert, um den Hahn nach Belieben auf oder zu zudrehen.

Quelle: Pressemitteilung Westfalenpost

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