Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Doping im Radsport
Archivmeldung vom 24.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMächtig doll dröhnt es durch Deutschland: Speziell auch im Rad-»Sport« ist gedopt worden auf Teufel-komm-heraus. Und was womöglich noch heute praktiziert wird - wer weiß?
Die Betroffenheitsmaschinerie läuft wie geschmiert. Je nach Tagesform
und Aufwallungsgrad geben sich geständige (Mit-)Täter,
Starkverdächtige und Unschuldsengel, Funktionäre, ärztliche Betreuer,
Sportpolitiker und Pressekommentatoren entsetzt, entrüstet,
entgeistert, erschüttert. Oder »zutiefst« erschüttert, um nur keinen
Zweifel aufkeimen zu lassen an ihrer Fähigkeit und dem natürlich
»festen« Willen, an der Seite derer zu stehen, die angeblich nur
eines im Sinn haben: aufklären, aufklären und »diesen Sumpf«
trockenlegen, auf dass die Rennradelei endlich wieder sauber werde.
Gleichwohl wäre es arg übertrieben zu behaupten, unser ganzes
maiselig-sonniges Deutschland falle deswegen zurück in düsteren
Weltenschmerz. Dazu sind die Leute erfreulicherweise inzwischen doch
wieder zu gut drauf, finden sichtbar Spaß am Leben, am Geldverdienen
und - am Geldausgeben. Wer derart bei Laune ist, zuckt eher die
Schultern, auch wenn nun ein Pedaltreter nach dem anderen auspackt,
was selbst nur beiläufig Interessierten ohnehin schwante, zumal die
Spatzen es sogar schon vom Dach des Radverband-Präsidenten Rudolf
Scharping pfiffen.
Man kann den Kopf nicht hängen lassen, wenn einem das Wasser bis zum
Hals steht. Von dieser Lebensweisheit mag so mancher jener
(ungezählten) Gedopten angetrieben worden sein, die jetzt
bröckchenweise gestehen. Aber selbst wer zwischen Geldgeber-Riesen,
skrupellosen Medizinmännern, Millionenwerbedruck und
Medienmühlsteinen jedes Radler-Maß verlor, taumelt irgendwo daher
zwischen Winston Churchill und Konrad Adenauer.
Die Wahrheit, so befand der legendäre Briten-Premier, sei ein so
kostbares Gut, dass man sie bei Bedarf tunlichst mit einem Schutzwall
von Lügen umgeben müsse. Und der große Alte von Rhöndorf sinnierte:
Es gebe drei Wahrheiten - die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts
als die reine Wahrheit.
Ausgewiesene Zweirad-Begeisterte waren beide der Überlieferung nach
aber nicht.
Politiker, sagt der Volksmund, hätten teils ein so dickes Fell, dass
sie auch ohne Rückgrat stehen könnten. Gleiches galt bis vor kurzem
auch für die Menschenmauer des Schweigens rund um die Trümmerreste
des sogenannten Rad-»Sports«.
Rauschgifte, das weiß man, vermitteln Glücksgefühle, als ob eine
Bremse gelöst wird. Drogensucht bezeichnen Physiologen als »eine Form
von krankhaftem Lernen«. Auch Doper und Gedopte sind besessene
Bremsenlöser, angeheizt vom Lockruf des Geldes zwischen Finanziers,
Fernseh-Einschaltquoten und massenhaftem Publikums(selbst)betrug.
PS. Kleiner Scherz zum Schluss: Zum Beispiel ein
Siemens-Rad-Rennstall mit VW-Peter Hartz als Teamchef würde dem
Radsport selbst unter strenger ärztlicher Aufsicht so bald wohl auch
nicht wieder aufs Fahrrad helfen ...
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt