WAZ: Ohne Bodenhaftung
Archivmeldung vom 29.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Pariser Großbank Société Générale wäre es gewiss am liebsten, alle Schuld am Verlust von fünf Milliarden Euro auf einen untreuen Aktienhändler abschieben zu können. Doch so einfach liegen die Dinge ganz offenkundig nicht.
Kerviel jonglierte mit Aktientiteln im unvorstellbaren Wert von 50 Milliarden Euro. Nicht nur der Aktienhändler hatte offenkundig alle Bodenhaftung verloren. Auch die Bank, schon frühzeitig gewarnt, wie sich jetzt herausstellt, ließ den jungen Mann machen, der ihr zuvor schließlich noch einen Milliardengewinn in die Kasse gespült hatte. Bei der Jagd nach Super-Renditen bleibt selbst in seriösen Bankinstituten offensichtlich alle Vorsicht auf der Strecke. Dass die Börsenpolizei in diesem Skandal nun auch noch gegen ein Mitglied des Bank-Verwaltungsrates wegen Insiderhandels ermittelt, legt überdies den bösen Verdacht nahe, dass in dem Glashochhaus der Société Générale einige sehr wohl ahnten, dass faule Äpfel in den Depots schlummerten. Höchste Zeit, den Herren in der Hochfinanz genauer auf die Finger zu schauen.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Joachim Rogge)