Westdeutsche Zeitung: Linkspartei
Archivmeldung vom 01.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNoch haben wir in Deutschland keine italienischen Verhältnisse. Von einer Zersplitterung des Parteiensystems kann keine Rede sein. Und doch markiert der Wechsel von den etablierten Vier- zu den Fünf-Parteien-Parlamenten eine Zäsur: Es drohen politische Blockaden, die von keiner Föderalismus-Reform gelöst werden können. Sie schwächen die Reformfähigkeit des Landes dramatisch.
Hessen zeigt das auf grotesk-traurige Weise. Vor allem die SPD ist jetzt gefordert. Sie sollte die berauschende Vorstellung, angeblich eine Wahl gewonnen zu haben, schnell überwinden. Die Sozialdemokraten haben in Hessen eines ihrer schlechtesten Ergebnisse nach dem Krieg eingefahren - von Niedersachsen ganz zu schweigen. Drei Tatsachen muss die SPD nüchtern ins Auge blicken. Erstens: Es nützt nichts, die Linkspartei zu verteufeln. Vielmehr sollte sich die SPD mit diesem für sie besonders üblen Konkurrenten politisch auseinandersetzen. Zweitens: Es ist gefährlich, noch weiter nach links zu rutschen und die Erfolge der Agenda-Politik zu gefährden. Im Zweifel wird die Linke alle sozialen Forderungen toppen. Und drittens: Eines Tages wird es zu rot-roten Koalitionen in westlichen Bundesländern und anschließend auch im Bund kommen. Die Haltung der FDP, sich Ampelkoalitionen zu verweigern, dürfte das zusätzlich befördern. Voraussetzung ist allerdings, dass es die Linke schafft, radikale Personen in ihren Reihen zu isolieren und radikale Positionen zu schleifen. Bis dahin ist noch Zeit für Entzauberung. Einen ersten Schritt in die richtige Richtung hatte die SPD-Bundestagsfraktion vor einigen Monaten unternommen, als sie vorrechnete, dass alle Forderungen der Linken zusammengerechnet rund 150 Milliarden Euro kosten würden. Nun sollte man die Linken in den Ländern unter die Lupe nehmen. Wie lohnend das ist, zeigt der Freudenschrei des letzten DDR-Regierungschefs Hans Modrow: Er sei "überglücklich", dass es in den westlichen Bundesländern wieder "kommunistische Fraktionen" gebe, sagte er. In der Tat wimmelt es dort von DKP-Mitgliedern, Autonomen und anderen Verfassungsfeinden. Die werden nicht dadurch niedlicher, dass man ihnen enttäuschte Sozialdemokraten und Gewerkschafter zur Seite stellt.
Quelle: Westdeutsche Zeitung