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Westdeutsche Zeitung: Die Gehälter der deutschen Top-Manager heben ab

Archivmeldung vom 27.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Linde-Chef Wolfgang Reitzle bezieht ein Jahreseinkommen von 7,4 Millionen Euro. Und: Die Bezüge der MAN-Manager sind seit 2005 um 77 Prozent gestiegen. Sollte man sich darüber nicht aufregen? Sollte man es nicht sittenwidrig nennen dürfen, wenn Aufsichtsräte entlassungsfreudige Manager mit kräftigen Gehaltserhöhungen belohnen?

Da debattiert die Bundesregierung, ob ein Mindestlohn bei 6 oder 7,50 Euro liegen soll, während deutsche Konzern-Lenker die Gehälter ihrer US-Kollegen zu ihrem eigenen Maßstab erklären. Da verdienen Top-Manager mehr als das Dreihundertfache ihrer Mitarbeiter in den Werkshallen, während man diesen vorwirft, sie seien gegenüber der südostasiatischen Konkurrenz zu teuer und deshalb selbst schuld am Abbau ihrer Arbeitsplätze. Unten gilt Indien, oben Wall-Street. Unten kämpfen die Menschen gegen den sozialen Abstieg, oben genehmigt sich ein Kartell der Bosse immer neue Rekordsummen.

Natürlich darf sich Deutschland nicht von international üblichen Gehältern abkoppeln; ein staatlich verordneter Höchstlohn brächte den Wirtschaftsstandort in Gefahr. Doch die Kritik an Gehaltsexzessen und Abfindungsorgien lässt sich nicht mit dem Argument entkräften, die Balance zwischen Angebot und Nachfrage stehe auf dem Spiel. Denn auf dem Markt der Spitzengehälter klemmt genau dieser Mechanismus. Es sind eben nicht Aktionäre, die Gehaltsverhandlungen führen, sondern Aufsichtsräte, die in der Regel selbst als Vorstände in anderen Konzernen agieren. Und die neigen im eigenen Interesse nicht zur Bescheidenheit.

Explodierende Manager-Gagen sind aber mehr als ein Beispiel für nicht funktionierende Marktwirtschaft. Sie sind ein Symbol dafür, wie Auswüchse der Gier unsere Demokratie beschädigen: weil sie die Gesellschaft sozial spalten, weil sie Gemeinsinn und Arbeitsmoral zerstören, weil sie zentrale Wertvorstellungen wie Gerechtigkeit, Loyalität und Fairness aushöhlen. Immerhin: Die Tatsache, dass Vorstände seit kurzem ihre Gehälter offenlegen müssen, ist eine Chance für Aktionäre. Wenn Manager deren Zorn fürchten müssen, werden sie ihre Maßstäbe eher der Realität anpassen. Die Aktionäre müssen begreifen: Ja, es macht sich bezahlt, sich aufzuregen.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung

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