Die Lausitzer Rundschau Cottbus zum Wahlkrimi in Italien
Archivmeldung vom 12.04.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist dies ein historischer Sieg, die Wahl des italienischen Volkes gegen das Fernsehmonopol. Die Reflexe funktionieren noch und nach schlimmen Verirrungen hat das Volk auf der so wunderschönen Halbinsel wieder einmal gezeigt, dass es ein besonderes Erbe an Stil und Größe sein Eigen nennt.
Es war einfach zu
viel der schlechten theatralischen Gesten, der unpassenden
Vergleiche, der schamlosen Verknüpfung von Geschäft und Gemeinwohl.
Es war einen entscheidenden Tick zu viel Alleinherrscher und zu wenig
Republik. Die schlechten Wirtschaftsdaten haben sicher auch eine
Rolle gespielt. Aber entscheidend waren sie nicht, weil sie so
schlecht nun auch nicht sind. Noch nicht einmal acht Prozent
Arbeitslose wären in Deutschland eine rauschende Erfolgsgeschichte.
Es war vor allem die Abwahl des Silvio Berlusconi. Ihn in die Wüste
zu schicken, war der Hälfte des Landes ein überaus dringendes
Anliegen. Dafür müssen sie notgedrungen Romano Prodi und sein
brüchiges Parteienbündnis in Kauf nehmen. Prodi wird dies zunächst
den Wiedereinstieg erleichtern. Allzu viel erwarten seine Landsleute
gar nicht von ihm. Und allzu viel hat er ihnen ja auch nicht
versprochen. Denn der Mann weiß aus den bitteren Erfahrungen seiner
letzten Amtszeit, dass er mit seinem Wahlverein keine Wagnisse
eingehen kann.
Das Land - und insofern ist das knappe Wahlergebnis auch Ausdruck
seiner Misere - wird weiter auf einen wirklichen Neuanfang warten.
Ihm ist mit der selbstsüchtigen Herrschaft des Medienzars Berlusconi
auch der letzte Rest an Orientierung abhanden gekommen. Weder die
alten, von der katholischen Kirche gepflegten antikommunistischen
Reflexe noch die über Jahrzehnte eingeübte Kultur der linken
Verweigerung taugen als Kompass für die heutige Zeit. Es ist kein
Zufall, dass in dem Land, das den Papst beheimatet, weltweit mit die
wenigsten Kinder geboren werden.
Es reicht, nicht nur in Italien, derzeit gerade noch zur
Verweigerung. In Rom gegen das schlechte Staatsfernsehspiel, in Paris
gegen die Ignoranz der Bürokraten. Aber in diesem vielfachen Nein
steckt immerhin die Hoffnung auf eine bessere Politik eines nicht
allzu fernen Tages.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau