Südwest Presse: Kommentar: Mindestlohn
Archivmeldung vom 17.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn buchstäblich letzter Minute hat Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bei Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) noch Änderungen an den Gesetzen für weitere Mindestlöhne durchgeboxt. Beide feiern sich als Sieger. Doch ob die Regeln letztlich wirklich den Arbeitnehmern helfen, ist zu bezweifeln.
Denn der schönste
Mindestlohn hilft wenig, wenn dafür kein Arbeitgeber jemanden
einstellt.
Auffällig ist insbesondere, wie vage die Gesetze an den
entscheidenden Stellen formuliert sind. Statt klare Regeln
vorzugeben, die ständigen politischen und juristischen Streit
vermeiden, bekommt der Arbeitsminister als Federführender jede Menge
Interpretationsspielraum. Gibt es in einer Branche mehrere
Tarifverträge mit unterschiedlichen Mindestlöhnen, dann soll er "mit
besonderer Sorgfalt" abwägen. Wie bitte arbeitet er normalerweise?
Dass sich Glos vom gewieften Juristen Scholz mit solch albernen
Formulierungen abspeisen lässt, zeigt leider nur, welches
Leichtgewicht er im Kabinett ist.
Die Tarifautonomie muss Vorrang vor staatlicher Lohnfestsetzung
haben, so das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das
klingt gut, wird aber durch die Gesetze ein Stück weit ausgehöhlt.
Dass die DGB-Gewerkschaften das im Prinzip begrüßen, zeigt deutlich
ihr schwindendes Gewicht. Für sie ist wichtig, unliebsame
Konkurrenten wie die Christlichen Gewerkschaften auszutricksen, und
Scholz spielt dabei mit.
Quelle: Südwest Presse