WAZ: Wenn der Bergbau ausläuft: Unsere Chancen-Region
Archivmeldung vom 09.02.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMitte März eröffnet Boehringer, weltweit führender Chemie-Riese, einen Produktions-Standort; nicht in Indien, nicht in Ungarn, sondern: in Dortmund. Die Uni Bochum konkurriert im Exzellenz-Wettbewerb. Bochum und Essen planen, ihre Kräfte zu bündeln, die medizinischen Fakultäten zusammenzulegen.
Das
Science-to-Business-Center von Degussa, das Max Planck-Institut in
Dortmund, das Forschungs- und Entwicklungs-Engagement von Weltfirmen
wie Thyssen, Bayer und Bosch im Revier, die Logistik-Erfolge in
Duisburg: Wer glaubt denn noch, dass im Ruhrgebiet die Lichter
ausgehen, wenn - in mehr als zehn Jahren - die
Bergbau-Subventionen auslaufen?
Es wird Zeit für einen Mentalitäts-Wechsel. Viel zu lange wurde
den Menschen im Ruhrgebiet weißgemacht, die Montan-Subventionen seien
ihre beste Zukunfts-Garantie. Sachsen, ein Land mit vielen
Struktur-Problemen, gibt heute mehr als zwei Prozent seines
Inlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus; in
Nordrhein-Westfalen sind es nur 1,3 Prozent. Wegen der
Subventionierung des Bergbaus fehlte das Geld für Innovationen. Die
Lehre: Es hat keinen Sinn, mit Steuergeld zu päppeln, was am Markt
langfristig nicht wettbewerbsfähig ist.
Es ist auch eine gepflegte Illusion, zu glauben, der Staat könnte
industrielle Arbeitsplätze schaffen. Er kann sie nicht einmal retten.
In den vergangenen fünf Jahren sind im Revier 100 000 Jobs verloren
gegangen, viel mehr als im Landesdurchschnitt. Und kein
Ministerpräsident konnte das verhindern. Und auch, wenn sich ein
Oberbürgermeister mit einem Landesminister auf eine grüne Wiese
stellt und den Grundstein für einen Technologiepark in der Erde
vergräbt, dann ist das noch lange keine Garantie dafür, dass es auch
funktioniert. Die Liste von Projekten, in denen Staatsknete
unproduktiv versenkt wurde, ist leider lang.
Nun werden bis 2013, rechnet man alle Fördertöpfe zusammen, noch einmal rund zwei Milliarden Euro ins Revier fließen. Viel Geld, eine große Chance. Hoffentlich wird es für die richtigen Projekte ausgegeben, solche mit einer langfristigen Perspektive; solche, an denen sich mittelständische oder großindustrielle Firmen beteiligen. Bitte kein Aktionismus mehr, und Schluss mit dem Rasenmäher-Prinzip, Ende mit parteipolitisch motivierten Lieblings-Objekten. Und die Vision? Aus einer Alimentations- wird eine Chancen-Region. Und aus dem Kohlenpott wird: ein lebens- und liebenswertes Technopolis.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung