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WAZ: Kampfverband in Afghanistan

Archivmeldung vom 02.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Überschattet wurde die Kommandoübergabe von einem Anschlag: Zwei deutsche Soldaten wurden mit einem Sprengsatz angegriffen und leicht verletzt. So berichten Nachrichtenagenturen - sprachlich korrekt - darüber, unter welchen Umständen die Bundeswehr die Leitung der schnellen Eingreiftruppe im Norden Afghanistans übernommen hat. Inhaltlich korrekt aber müsste man formulieren: Ausgeleuchtet wurde die Kommandoübergabe von einem Anschlag.

Denn in der Republik wollen Menschen mehrheitlich nicht erkennen, dass Bundeswehrsoldaten sich in einem gefährlichen Kampfeinsatz befinden. Nicht erst seit diesem Dienstag, an dem der erste deutsche Kampfverband den Dienst angetreten hat, was "überschattet" wurde, riskieren die Soldaten fern von Berlin täglich ihr Leben. Die größte Sorge von Politikern scheint es jedoch zu sein, dass genau das ans Licht kommen könnte. Während die Sicherheitslage in Afghanistan sich verschlechtert und mehr Soldaten benötigt werden, schwindet die Zustimmung der Bevölkerung zu diesem Einsatz. "Jeder Brunnen ist ein kleiner Sieg." Mit solchen Sätzen zeichnen Regierungspolitiker das Bild von deutschen Helfern mit Schaufel und Hacke, um die Mission friedlich sympathisch zu präsentieren.

Weil die Umfragelage von Union und SPD sich verschlechtert, wagen Regierungspolitiker es nicht, in aller Deutlichkeit zu sagen, warum im Herbst 1000 weitere Soldaten entsandt werden sollen. Sie müssten dann zugleich eingestehen, dass der Zeitpunkt fahrlässig spät gewählt ist. Die Soldaten werden nicht gebraucht, um weitere Brunnen zu graben, sondern um das Leben ihrer Kameraden zu schützen. 250 Mann hatte die Nato für die schnelle Eingreiftruppe angefordert. 205 bewilligte Berlin. Mehr war kaum möglich, weil die Obergrenze des geltenden Mandats von 3500 Soldaten bereits überstrapaziert ist. Die Norweger, die abgelöst worden sind, stellten bis zu 350 Soldaten für den Auftrag, der internationalen Schutztruppe Isaf zu Hilfe zu eilen, sobald diese angegriffen wird.

Innerhalb eines Tages müssen die Soldaten jeden Punkt des Einsatzbereiches erreichen können. Das Gebiet des Regionalkommandos ist halb so groß wie die Bundesrepublik. Laut, aber ungehört hat der Bundeswehrverband verlangt, über zusätzliche Soldaten früher zu entscheiden. Die Regierung wollte ihre Sommerruhe nicht riskieren und wartet bis Oktober. Schon lange stellt sich die Frage, ob die Angst der Soldaten vor den Taliban nicht höher zu bewerten wäre, als die Angst der Politiker vor den Wählern.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Angela Gareis)

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