Neues Deutschland: zur Rede von Kanzlerin Merkel vor der Knesseth
Archivmeldung vom 19.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt»Wer nicht an Wunder glaubt, der ist kein Realist.« Mit dem Zitat von Israels Staatsgründer David Ben Gurion beschrieb die deutsche Kanzlerin trefflich das Wunder der hervorragenden deutsch-israelischen Beziehungen - gerademal gute 60 Jahre nach der Shoah.
Dass Merkel gestern in ihrer Knesset-Rede mit Schwerpunkt 60 Jahre Israel kein Wort über die israelische Verantwortung im Nahostkonflikt verlor, mag sich mit der zu wahrenden diplomatischen Etikette bei solchen Anlässen erklären. Immerhin gab es das Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung und den Verweis auf die erforderliche Kraft zu schmerzhaften Zugeständnissen. Doch leider nährt die Merkel-Visite den Verdacht, dass die Empathie der Kanzlerin einseitig verteilt ist: Nicht einmal ein Anstandsbesuch wird den palästinensischen Gebieten abgestattet. Auf Verständnis der palästinensischen Seite wird das sicher nicht stoßen, sondern wieder einmal das Gefühl stärken, im Nahost-Konflikt nicht als gleichwertig wahrgenommen zu werden. Es ist dieses Gefühl, das zusammen mit der katastrophalen sozialen Lage die Verzweiflung bei den Massen und die Entschlossenheit bei den Militanten wachsen lässt. Zum Schaden Israels und mit dessen klarer Mitverantwortung. Ein echter Freund macht das zum Thema - nicht in der Knesset, aber jenseits davon. Von Merkel drang nichts dergleichen nach außen.
Quelle: Neues Deutschland