Westdeutsche Zeitung: Birma
Archivmeldung vom 27.09.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.09.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Schüsse auf die Demonstranten in Rangun beschäftigen den Weltsicherheitsrat. Die EU und die USA hatten zuvor schon mit neuen Sanktionen gedroht, und auch die Rhetorik wird immer schärfer. Es fällt auf, dass diejenigen die lautesten Erklärungen abgeben, die den geringsten Einfluss auf den Lauf der Dinge haben.
Indien und vor allem aber China, Staaten also, die tatsächlichen
Einfluss - und nicht geringe Interessen - in Birma haben,
beschränken sich dagegen auf Appelle zur "Mäßigung" und Aufrufe,
einen "Ausgleich" zu finden. Aber wo sind in einem Staat, dessen
Regime über Jahrzehnte allein auf die Überzeugungskraft der
Gewehrläufe setzte, die Institutionen, in denen sich eine solche
Krise gewaltfrei lösen ließe?
Seit 1962 haben die Generäle die 53 Millionen Einwohner in ihrem
eisernen Griff. Eine nur scheinbare Stabilität, die aus einem Land
mit reichen Bodenschätzen eines der schlimmsten Armenhäuser Asiens
gemacht hat. Ein Polizeistaat zudem, an dessen Korruption jede
wirtschaftliche Entwicklung scheitern musste. Der - wie 1988 - auch
vor einem Blutbad an seinen Bürgern nicht zurückschreckt. Und eine
Wiederholung des Gemetzels mit damals mehr als 3000 Toten ist
keineswegs ausgeschlossen.
Peking hatte in der Vergangenheit versucht, die Junta mit sanftem
Druck zu einer vorsichtigen Öffnung zu bewegen. Nicht etwa, weil es
am westlichen Verständnis von Menschenrechten sonderlich interessiert
wäre. China will aus strategischen Gründen "Stabilität", um seinen
Zugang zum Indischen Ozean nicht zu gefährden. China will kein
Blutbad, weil es die damit verbundene Rufschädigung und eine
Verstärkung der ohnehin allgegenwärtigen Boykottdrohungen vor den
Olympischen Spielen fürchtet. Aber noch mehr fürchtet Peking, dass
Rangun - sein Tor zum Westen - ein US-Flottenstützpunkt wird. Das
meint Peking tatsächlich, wenn es von "Stabilität" spricht.
China hat lange seine Hand über die Junta gehalten, es muss jetzt mit
den Konsequenzen leben. Ob es aber tatsächlich die Mittel und den
Willen hat, den Generälen in den Arm zu fallen, muss sich nun zeigen.
Zu hoffen wäre es, denn die Sanktionen aus Washington und Brüssel
werden den geschundenen Menschen in Rangun kaum helfen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung