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Börsen-Zeitung: Sollbruchstelle, Kommentar zu Fresenius

Archivmeldung vom 28.02.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.02.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Zufälle gibt's! Natürlich sind die überraschende Ertragsschwäche des US-Generikaherstellers Akorn, den Fresenius gerade für 4,8 Mrd. Dollar übernehmen will, und die von Fresenius initiierte und jetzt publizierte Untersuchung zu möglichen Missständen im Produktentwicklungsprozess von Akorn zwei Paar Stiefel. Aber damit die Übernahme erfolgreich über die Bühne gehen und Fresenius Freude an dem Deal haben kann, müssen eben beide Paar Stiefel passen.

Die von anonymen, aber wohl recht konkreten Hinweisen ausgelöste Untersuchung zur Datenintegrität in Akorns Produktentwicklung könnte zum Dealbreaker der Milliardenakquisition werden. Trotz intensiver Due Diligence - und Fresenius gehört zu den sehr akquisitionserfahrenen Unternehmen - war dem Gesundheitskonzern der Einblick in die Produktentwicklung des börsennotierten Wettbewerbers bisher verwehrt.

Auf welche Optionen muss sich der Markt einstellen? Wenn sich der Verdacht als unbegründet oder nicht sehr substanziell erweist, wird Fresenius den Deal durchziehen. Mit der Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörde FTC wird demnächst gerechnet. Sicher aber wird Fresenius Akorn nach dieser Vorgeschichte und den enttäuschenden Ergebnissen mit eigener Mannschaft auf Vordermann bringen und alles daran setzen, auch diesen Zukauf schnellstmöglich auf Fresenius-Level zu heben.

Sind die Vorwürfe materiell, wird Fresenius vom Übernahmevertrag zurücktreten und versuchen, ihr strategisches Ziel der weiteren Verstärkung bei intravenös zu verabreichenden Generika auf anderen Wegen zu erreichen: aus eigener Kraft, über andere Akquisitionen oder sogar mit einem zweiten Anlauf zum Akorn-Erwerb, dann aber gewiss zu deutlich niedrigerem Preis.

Dass Fresenius aller Akquisitionsexpertise zum Trotz für Akorn wohl zu tief in die Tasche gegriffen hat, kann man nach der schwachen operativen Performance des US-Unternehmens im Jahr 2017 und der vielen Luft, die gestern schlagartig dem Akorn-Kurs entwich, als erwiesen ansehen. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass das Fresenius-Management einen schwierigen Fall in einen Erfolg dreht - man denke an die 2008 für 4,6 Mrd. Dollar erworbene APP Pharmaceuticals, man denke an den erst im zweiten Anlauf geglückten Kauf der Rhön-Kliniken. Insofern blicken in den nächsten Wochen nicht nur Management, Pharma-Experten und Juristen, sondern vor allem die Aktionäre von Fresenius und Akorn auf die jetzt offengelegte Sollbruchstelle.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Claus Döring

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