Neue Westfälische(Bielefeld): Hartz-IV-Debatte
Archivmeldung vom 13.01.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHartz IV ist nicht nur für die Betroffenen eine traumatische Erfahrung, sondern hat der gesamten Gesellschaft irreparable Schäden zugefügt. In den fünf Reformjahren hat sich in unserem Land ein Klima aus Angst, sozialer Kälte, Neid und Misstrauen entwickelt.
Die Reichen wurden reicher, die Armen ärmer und die Luft in der Mitte immer dünner. Hartz IV steht für einen Paradigmenwechsel, der sich nicht mit ein paar kleinen Korrekturen rückgängig machen lässt; für eine Ellenbogengesellschaft, in der Arbeitslosigkeit ein Schicksal ist, für das man persönlich die Verantwortung trägt. Die Architekten der Reform sind längst abgetaucht. Wie gründlich sie ihre Arbeit gemacht haben, zeigt sich bei der parallel zu den Hartz-Gesetzen forcierten "Flexibilisierung" des Arbeitsmarktes, also: Ausbau des Niedriglohnsektors und Stärkung der Leiharbeit, nicht zuletzt durch enge Kooperationen mit dem Arbeitsamt. Und während die Betroffenen nicht wissen, wie sie von den Hungerlöhnen leben sollen, wird das prekäre Arbeitsverhältnis auch noch als Erfolgsmodell gefeiert, als Jobmotor, als Motivation. Über Gängelungen, Drohgebärden und Zwang wurde jedoch vergessen, sich um die Zukunft zu kümmern: Arbeit und Arbeitslosigkeit müssen neu gedacht werden, im Sinne der Gesellschaft - und nicht nur der Arbeitgeber.
Quelle: Neue Westfälische