WAZ: USA im Irak ohnmächtig: Selbstdemontage ohne Ende
Archivmeldung vom 10.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer 11. September 2001 hat das Selbstwertgefühl der Vereinigten Staaten schwer beschädigt und ist der Beginn der politischen und moralischen Selbstdemontage der Supermacht USA. Der Krieg gegen den Irak war als Antwort auf Osama bin Laden innenpolitisch und nicht außenpolitisch motiviert und somit zum Scheitern verurteilt. Zum vierten Jahrestag des Sturzes von Saddam Hussein wird die Ohnmacht Washingtons im Irak deutlich.
Massendemonstrationen gegen eine Besatzungsmacht und keine
Aussicht auf ein Ende der Gewalt, der nach UN-Angaben mindestens 34
000 Zivilisten zum Opfer gefallen sind. Nach den verheerenden
Terror-anschlägen auf New York und Washington musste ein
identifizierbarer Feind her. Afghanistan und die Taliban schienen zu
schnell befreit bzw. besiegt. Der Irak geriet wieder ins Fadenkreuz.
Deshalb wurde gelogen und Zusammenhänge konstruiert, deshalb wurden
Kriegsgründe erfunden.
El Kaida hat nie im Irak operiert, Saddam Hussein hatte keine
Atomwaffen. Zum internationalen Ansehensverlust der USA gehören auch
das irakische Gefängnis Abu Ghoraib wie das US-Lager Guantánamo auf
Kuba. Im Fall von Abu Ghoraib ist weiterhin unklar, wie weit die
politische Führung von Misshandlungen Kenntnis hatte und auf Kuba
wurde und wird systematisch das Recht ausgehöhlt.
Heute ist die Situation verfahren. US-Soldaten sind notwendig, um
ein noch größeres Chaos in dem Bürgerkriegsland Irak zu verhindern.
Es gibt keinen politischen Masterplan, der perspektivisch eine
Stabilisierung oder gar Frieden verspricht. In dieser Lage gewinnt in
den USA wieder die Innenpolitik die Oberhand. Die erstarkten
Demokraten setzen Bush unter Druck, fordern Ausstiegsszenarien, ohne
wirklich über die Konsequenzen eines Abzuges der US-Soldaten für die
Region nachzudenken.
Wie wenig berechenbar Washingtoner Diplomatie in Krisenregionen ist, belegt eine kleinere Fußnote. So erlaubten laut "New York Times" die USA den Äthiopiern vor kurzem, schwere Waffen aus Nordkorea zu kaufen. Zur Erinnerung: Nordkorea ist einer der von Bush definierten Schurkenstaaten. Auf Betreiben der USA wurden UN-Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Wenn aber Äthiopien Waffen braucht, damit Islamisten in Somalia von der Macht vertrieben werden können, dann dürfen offensichtlich auch offizielle UN-Entscheidungen unterlaufen werden. Der Zweck heiligt die Mittel, Realpolitik eben, allerdings auch ohne politischen Kompass.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung