Rheinische Post: Bsirskes halbleere Drohungen
Archivmeldung vom 13.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn Franzosen zornig sind und massenhaft in den Streik und auf die Straßen treten, dann ist nicht nur Ausstand, sondern auch Aufstand. Und es riecht nach politisch-gesellschaftlichem Ausnahmezustand. Wie zuletzt Präsident Chirac, so haben auch schon dessen Vorgänger, sogar der große de Gaulle, nach geraumer Zeit dem galligen Volk signalisiert: Der Elysée hat verstanden.
Auch der Deutsche kann zornig sein auf seine Regierung, aber: In der
Regel ist er es beim Biere, wie schon Bismarck ironisch bemerkte. Wer
die Revolte am Stammtisch ausruft, bleibt mit seinen wütenden Träumen
in Tresen-Nähe. Das wird der verschmitzte Verdi-Gewerkschaftler und
wohlsituierte Teilzeit-Protestler Frank Bsirske zu bedenken haben,
wenn er einen hunderttausendfachen Wutanfall à la francaise bei uns
nicht ausschließen mag.
Sieht man von Bsirskes halbleeren Drohungen ab, so verdichtet sich
doch auch dieser Eindruck: Ähnlich wie junge Franzosen, so haben oft
auch vorbildlich ausgebildete junge Deutsche immer öfter das Gefühl,
zum freien Spiel der Kräfte, zum Kräftemessen am Arbeitsmarkt erst
gar nicht geladen zu werden. Nicht selten bleiben sie bis zu den
ersten grauen Strähnen Praktikanten mit Kurzzeit-Verträgen. Das lässt
sich betriebswirtschaftlich jeweils begründen, für gerecht muss es
kein junger Mensch halten.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post