Die Leipziger Volkszeitung zu Nahost/Dreiergipfel
Archivmeldung vom 20.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMan gerät ganz durcheinander: Ist es erst der zweite Blitzbesuch von US-Außenministerin Rice im Nahen Osten in den letzten Wochen oder doch schon der dritte? Und hat nicht erst unlängst das Nahost-Quartett neue Initiativen angekündigt.
Wozu dann jetzt das Dreier-Treffen mit Israels Regierungschef Olmert
und Palästinenser-Präsident Abbas? Ja, wozu denn eigentlich?
Glaubt man Rice, dann stand über die Tatsache des Treffens hinaus
ohnehin nichts zu erwarten. Tatsächlich hat der Gipfel lediglich
Banalitäten produziert: dass es nützliche Gespräche waren, dass
bereits geschlossene Abkommen einzuhalten sind und dass es schon bald
ein weiteres Treffen geben soll. Man würde glauben, angesichts der
innerpalästinensischen Spannungen, des eingefrorenen Dialogs zwischen
Israel und Palästina, des Irak-Desasters und der atomaren Ambitionen
Teherans müssten sich derartig substanzlose Begegnungen verbieten.
Die Antwort auf die Frage, weshalb sie dennoch inszeniert werden,
lautet schlicht: Rice, Olmert und Abbas brauchen mangels Vision und
politischer Gestaltungskraft den Schein. Präsident Bush ist gerade
noch zwei Jahre im Amt - zu wenig, um irgend etwas von Belang
durchzusetzen. Die Zeit, die mit Sanktionen, Ultimaten und
Forderungen an die Palästinenser vertan wurden, lässt sich nicht mehr
einholen. Olmert wiederum ist durch Korruptionsaffären und den
faktisch verlorenen Krieg gegen Libanon geschwächt. Abbas schließlich
hat in Mekka den Offenbarungseid leisten müssen: Auch die künftige
Politik der Einheitsregierung wird von Hamas bestimmt. Der Präsident
darf allenfalls das moderate Aushängeschild geben.
Alles in allem ausgesprochen schlechte Voraussetzungen für einen
Durchbruch. Und wie immer, wenn es Misserfolge zu vermelden gibt,
stellt sich die Schuldfrage. Schon vor dem Gipfel haben Israel und
die USA klar gemacht, auch die neue palästinensische
Einheitsregierung zu boykottieren, solange diese Israel nicht
ausdrücklich anerkennt. So richtig die Forderung prinzipiell ist - im
Kontext der verfahrenen Situation im Nahen Osten wirkt sie eher
kontraproduktiv. Denn eine Alternative zur derzeitigen
Einheitsregierung gibt es nicht - es sei denn man würde einen
innerpalästinensischen Bürgerkrieg als das kleinere Übel bezeichnen.
Deren Ignorierung verprellt zudem Saudi-Arabien als Vermittler der
Kompromissregierung und bestätigt die Hamas in ihrem Glauben, dass
Verhandlungen mit Israel nichts bringen.
Tatsächlich hat Olmert im Windschatten der Anerkennungsforderung mit
dem Bau weiterer jüdischer Siedlungen im Westjordangebiet, das
faktisch bereits zu 45 Prozent annektiert ist, den Friedensfahrplan
des Nahost-Quartetts entsorgt. Allgemeine Bekenntnisse zu einer
Zwei-Staaten-Lösung wirken da nur scheinheilig. Ohne Aussicht auf
eine wirkliche Roadmap zu einem palästinensischen Staat bleibt auch
der nächste Rice-Besuch unnütz und überflüssig.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung