Frankfurter Neue Presse: Was sich Guttenberg noch nicht traut
Archivmeldung vom 16.12.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAngesichts der eklatanten Schieflage beim Vollzug der Wehrgerechtigkeit liegt der Umbau der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee in der politischen Logik. Sonst hätten eines nicht allzu fernen Tages die Verfassungsrichter wieder das Gesetz des Handelns in die Hand nehmen müssen. Eine Blamage für jede Bundesregierung.
Die Armee, die weltweite Landesverteidigung ab sofort nur noch als x-beliebige Dienstleistung, delegiert an "Quasi-Berufssoldaten" ohne breite gesellschaftliche Verankerung - niemand kann vorhersehen, wie dies den Zusammenhalt, die Einstellung zu Staat und Gesellschaft verändert. Gut möglich, dass die Freiwilligenarmee unfreiwillig der Tendenz zur Entsolidarisierung und Individualisierung weiteren Vorschub leistet.
Unsicher ist zudem, ob die damit verbundene Hoffnung auf Einsparungen im Wehretat aufgehen. Weniger Soldaten bedeuten nicht zwangsläufig geringere Kosten. Wer Freiwillige in die Kasernen locken will, muss attraktive Angebote machen. Das bedeutet nicht nur steigenden Sold, sondern bessere Karrierechancen und zeitgemäße Unterkünfte. (...) Viel Respekt hat sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für seine politische Durchsetzungskraft erworben. Das Tempo des Umbaus hat jedoch eine nachdenklichere, tiefer gehende Diskussion überrollt. Allerdings fehlte dem Shootingstar der deutschen Politik der Mumm, die ganze Wahrheit über den anstehenden Wandlungsprozess der Bundeswehr auszusprechen.
Längst wird im Kanzleramt und auf europäischer Bühne über eine viel intensivere Zusammenarbeit und Arbeitsteilung der EU-Armeen nachgedacht. Wer von Außen auf die militärische Kleinstaaterei Europas schaut, erkennt rasch, dass am Ende diese Weges eine gemeinsame EU-Armee stehen wird. 27 Generalstäbe sind nicht nur ein Kostenfaktor und sorgen für babylonische Kommandoverwirrung.
Quelle: Frankfurter Neue Presse