Lausitzer Rundschau: Jan Ullrich beendet seine wechselvolle Karriere als Radprofi
Archivmeldung vom 27.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie große Frage in solchen Momenten des Rücktritts lautet immer: Was bleibt? Was bleibt uns also vom Radprofi Jan Ullrich in Erinnerung? Zunächst natürlich seine beispiellosen Erfolge. Ullrich war 1997 der erste deutsche Sieger bei der Tour de France. Er war Weltmeister und Olympiasieger. Sein größter Verdienst ist jedoch, dass er den deutschen Straßenradsport aus der jahrelangen Tristesse geholt und wieder hoffähig gemacht hat.
Es wird aber auch die Erinnerung an den Menschen Jan Ullrich bleiben.
Er war längst nicht so stark wie der Radprofi Jan Ullrich und
durchaus den schönen Seiten des Lebens zugetan. Der Kampf des
gebürtigen Rostockers um sein Idealgewicht füllte stets bis zum
Tour-Start die Zeitungsspalten und bewegte seine Fans. Sie standen
auch zu ihm, als er 2002 zum ersten Mal mit Doping-Anschuldigungen
konfrontiert wurde. Ullrich, der sich nicht nur bei der
Zusammenstellung des Teams manchmal benahm wie ein bockiges Kind,
wurde gerade deswegen gemocht. Weil er ein Star mit Ecken und Kanten
war.
Allerdings hat Ullrich viel von diesem Kredit verspielt. Als bekannt
wurde, dass er in das Dopingnetzwerk des spanischen Mediziners
Eufemiano Fuentes verwickelt sein soll, rückten sein damaliges Team,
die Öffentlichkeit, aber auch viele Weggefährten von ihm ab. Sicher,
bisher gibt es nur Indizen. Aber sie sind erdrückend. Dass Ullrich
trotzdem auf die Unschuldsvermutung pocht, ist sein gutes Recht in
Deutschland. Immerhin darf sein ehemaliger Konkurrent Ivan Basso aus
Italien, der gegen die Doping-Verdächtigungen ebenfalls auf Zeit
spielte, längst wieder Rennen fahren.
Deshalb sollte auch der Radsport den Rücktritt des gefallen Helden
zum Anlass nehmen, seine Anti-Doping-Strukturen zu überarbeiten. Dass
der Fall Ullrich acht Monate nach den ersten Verdächtigungen immer
noch nicht aufgeklärt ist, zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Das
monatelange juristische Tauziehen hat nicht nur Jan Ullrich, sondern
dem gesamten Radsport geschadet.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau