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Börsen-Zeitung: Atomgefeilsche

Archivmeldung vom 17.08.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ein solches mediales Feuerwerk, wie es zurzeit die Atomkonzerne abbrennen, hat es in der Branche selten gegeben. Jetzt standen die Konzernchefs von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall Europe sogar in einem gemeinsamen Interview Seite an Seite, um via Boulevardzeitung noch einmal ihre Argumente unters Volk zu bringen: Atomkraft sei gut für Klimaschutz, Versorgungssicherheit, Strompreise, Arbeitsplätze und die deutsche Wirtschaft insgesamt, so die Botschaft.

Der Kampf der Strombosse ist verständlich. Es geht um viel Geld. Bei einer Laufzeitverlängerung könnte je nach Ausgestaltung langfristig durchaus eine dreistellige Milliarden-Euro-Summe zur Verteilung anstehen. Auf der anderen Seite gibt es die geplante neue Atomsteuer, die bei den vier Konzernen in signifikanter Höhe direkt die Nettogewinne und Cash-flows drücken würde. Selbstverständlich hätte dies auch Auswirkungen auf die mühsam austarierten Verschuldungsrahmen der Unternehmen, ihre Ratings und Dividenden.

Es gibt Berechnungen, nach denen die Brennelementesteuer die Kosten der Stromerzeugung in den kleineren und etwas unrentableren deutschen Atomkraftwerken mehr als verdoppeln könnte. Der Betrieb auch dieser längst abgeschriebenen Anlagen würde sich aber weiterhin lohnen. So viel gibt der Strompreis immer noch her. Die Drohungen der Konzerne, diese Blöcke sofort stillzulegen, laufen damit ins Leere. Die bislang üppigen Margen wären aber auf ein Minimum gedrückt.

Die Summen, um die es in dem Atomgefeilsche geht, haben auf allen Seiten Begehrlichkeiten geweckt - in den Firmenzentralen, vor allem aber in Berlin. Schon längst geht es in der Diskussion mehr um das Füllen von Haushaltslöchern als um die langfristige Versorgungssicherheit im Land. Genau deshalb verfestigt sich zurzeit auch der Eindruck, dass Deutschland eigentlich gar keine längeren Laufzeiten seiner Atomkraftwerke benötigt. Das Land braucht nur das Geld, das mit den Meilern verdient wird. Ob die Wettbewerber von Eon, RWE und Co, allen voran die Stadtwerke, die durch eine Laufzeitverlängerung benachteiligt würden, mit diesem Argument leben könnten?

Die Versorger brauchen einen langfristigen Rahmen für ihr Handeln. Es wird höchste Zeit, dass das nationale Energiekonzept ernsthaft auf die Tagesordnung der Politik kommt.

Quelle: Börsen-Zeitung

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