Lausitzer Rundschau: 50. Jahrestag des Volksaufstandes in Ungarn Die gute Sache der Freiheit
Archivmeldung vom 24.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist viel Zeit vergangen, ein halbes Jahrhundert, seit den Spätherbsttagen des Jahres 1956. Was kann uns da die Geschichte jenes hoffnungslosen, jenes vergeblichen Kampfes des kleinen Ungarns gegen die mächtige Sowjetunion noch helfen beim Blick in die Zukunft?
Tatsächlich aber ist die Geschichte des
gescheiterten Aufstandes für die Freiheit voller Lehren, die es zu
beachten lohnt.
Ungarn war sich vor fünfzig Jahren weitgehend einig in der Ablehnung
der kommunistischen Diktatur. Dabei spielte auch die schamvolle
Erinnerung an die Komplizenschaft des Landes mit Hitler eine Rolle.
Aber der Aufstand war vor allem eine einsame Revolte für die
Freiheit. Mit ihrer brutalen Niederschlagung verbunden war der
Offenbarungseid der kommunistischen Weltbewegung. Spätestens 1956 war
jedem klar, dass das Sowjetimperium den Machterhalt über die Moral
stellt. So war es dann auch kein Zufall, sondern die Logik der
Geschichte, dass wiederum Ungarn 33 Jahre später mit seiner
Grenzöffnung dem sowjetischen Koloss den faktischen Todesstoß
versetzte. Damals war die Öffnung nach dem Westen eng verbunden mit
der Erinnerung an den fehlgeschlagenen Aufstand. Als die von den
Sowjets und ihren Komplizen ermordeten Helden der Nation aus ihren
anonymen Gräbern geholt und unter großer Anteilnahme der
Öffentlichkeit bestattet wurden, kehrte die Weltgeschichte zurück
nach Budapest. 1989 war der späte, der bittere und doch wieder
großartige Lohn für das Opfer von 1956.
Die wirkliche, die auch heute noch aktuelle Geschichte des
ungarischen Aufstandes liegt darin, dass eine gute Sache auf Dauer
nicht scheitern wird. Die gute Sache der Ungarn war die Freiheit und
sie haben sie nicht nur für sich selbst erkämpft. Die gute Sache hat
viele Namen und viele Facetten und manchmal nur wenig Freunde. Sie
erleidet ihre Niederlagen und sie geht Umwege. Aber dadurch wird sie
nicht weniger aktuell, sie wird nur immer zwingender.
Wer dies nicht beachtet, der scheitert selbst beim Einsatz aller nur
denkbaren Machtmittel. Hätte er die bitteren Tränen der Magyaren des
Jahres 1956 wirklich wahrgenommen, so hätte Erich Honecker wissen
können, dass sie ihn und sein Regime eines Tages hinwegschwemmen
werden. Darin auch liegt die Botschaft dieses Jahrestages. Es soll
sich keiner sicher darin fühlen, dass er mit Panzern und blutiger
Gewalt die Menschen zwingen kann. Dies mag über Jahre, Jahrzehnte
gehen, aber am Ende solch eines Weges steht der Untergang. Dass den
wiederum auch heute so mancher noch nicht begreift, steht auf einem
anderen Blatt. Denn zur Freiheit gehört ja auch das Recht auf
Dummheit.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau