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Börsen-Zeitung: Zäsur mit Fragezeichen

Archivmeldung vom 13.05.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.05.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der personelle Aderlass bei Hochtief ist gewaltig: Drei von fünf Vorstandsmitgliedern gehen, auch im Aufsichtsrat sind auf der Kapitalseite erfahrene Hochtief-Kenner jetzt in der Minderheit. Und ein gewisser Braindrain auf den zweiten und dritten operativen Führungsebenen scheint ebenfalls nicht unwahrscheinlich. Wie es angesichts dieser Entwicklung um die Motivation der gut 70000 Beschäftigten weltweit bestellt ist, lässt sich erahnen.

ACS zahlt für die Übernahme von Hochtief einen hohen Preis. So wenig rechtlich angreifbar ihr Vorgehen auch sein mag, der Stil war fatal. Es fing damit an, dass die Hochtief-Führung vom Übernahmeangebot ihres Großaktionärs aus der Zeitung erfuhr, und hörte beim Streit um die künftige Aufsichtsratsbesetzung auf.

Wie steht Hochtief jetzt da? Die überzeugende Bewältigung der Wirtschaftskrise war gestern, heute ist Hochtief der Konzern der vielen Fragezeichen. Der neue Vorstandschef Frank Stieler kommt zwar aus den Reihen des Konzerns, ist jedoch erst seit zwei Jahren an Bord. Wer Finanzvorstand Burkhard Lohr und den für Concessions sowie das Asien-Geschäft zuständigen Peter Noé ersetzen soll, ist unklar.

Zu seinen strategischen Vorstellungen zu Hochtief hat sich Stieler noch nicht geäußert. Das ist zwar verständlich angesichts der Tatsache, dass er erst nach der Hauptversammlung den Chefsessel übernommen hat, doch sollte er jetzt schnell Farbe bekennen.

Großaktionärin ACS kommt immer noch nicht aus der Deckung. Für die Hauptversammlung gilt: Auch diese Gelegenheit, überzeugend für sich zu werben und sich zu erklären, ließen die Spanier verstreichen. Für die neuen Machthaber in Essen sprach lediglich ein Linklaters-Anwalt, der in einem äußerst blassen Auftritt kurz die neuen künftigen Kontrolleure von Hochtief vorstellte und vage dazu aufforderte, doch bitte den Blick in die Zukunft zu richten.

Doch gerade um die machen sich Kleinaktionäre und Belegschaft ernsthaft Sorgen. Sie scheinen nicht unbegründet. ACS hat nie den Eindruck erweckt, sie wolle ein finanziell und operativ solide aufgestelltes Unternehmen wie Hochtief unter die eigenen Fittiche nehmen, um es weiterzuentwickeln. Die künftige Tochter (weit entfernt ist die Mehrheit von 50% nicht mehr) soll vielmehr eigenen Zwecken wie der Bilanzkonsolidierung dienen. Würde Hochtief davon abgesehen weiter weitgehend selbständig agieren können, wäre alles letztlich nicht so dramatisch. Nur glauben mag daran im Moment kaum einer.

Quelle: Börsen-Zeitung

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