Rheinische Post: EU-Türkei-Krise
Archivmeldung vom 28.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNun hat die Türkei ein großes Problem. Sie glaubte, die EU zum Nachgeben im Zypernstreit durch Halsstarrigkeit zwingen zu können, weil immer wieder gewichtige EU-Stimmen laut werden, die die eigenen EU-Partner vor einer Belastung der Beitrittsgespräche warnen.
Ankara
ging fest davon aus, dass ein EU-interner Streit um die
Verhandlungspositionen mit der Türkei nutzbringend sei. Übersehen
haben die türkischen Taktiker, dass die EU sich nicht wie ein Tanzbär
an der Nase herumführen lassen kann, ohne Glaubwürdigkeit und
Selbstachtung zu verlieren. Nun wird Brüssel massiv reagieren. Mit
welcher Intensität sich dies auf den Fortgang der Gespräche auswirken
wird, ist zu vermuten: Sie stehen jetzt am Rande des Abbruchs.
Die Türkei durchlebt Vorwahlzeiten. Ministerpräsident Erdogan tut
wenig, um wachsende anti-europäische Gefühle einzufangen. Dass er
sich durchrang, heute Papst Benedikt XVI. zum Auftakt seines Türkei
Besuchs doch noch zu begrüßen, wird den Zypern-Eklat kaum
entschärfen. Die Türkei will in die EU, nicht umgekehrt. Erdogans
Aufgabe ist es, seine Landsleute darauf vorzubereiten und ihnen
klarzumachen, dass sie für die EU einiges aufgeben und vor allem noch
vieles verändern müssen.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post