Westfalenpost: So langweilig
Archivmeldung vom 10.06.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWende im Prozess gegen Sauerland-Zelle Von Joachim Karpa Der Mann steht nur für Allah auf. Dem Gericht verweigert Adem Yilmaz seinen Respekt. Der Angeklagte langweilt sich beim Prozess gegen die sogenannte Sauerland-Zelle vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.
Aus seiner Sicht muss das anders werden. So erklären der 30-Jährige und seine Verteidigerin die Kehrtwende: Schluss mit dem Schweigen. Das Verfahren im Hochsicherheitstrakt nimmt bizarre Züge an. Das mutmaßlich terroristische Quartett setzt sich ohne Anwälte unter Aufsicht von zwei Beamten des Bundeskriminalamtes stundenlang zusammen, berät und entscheidet: Wir wollen Geständnisse ablegen. In welcher Form und was, darüber sind sich die jungen Männer und ihre Anwälte noch nicht einig. Die Beobachter reiben sich die Augen. Je länger der Prozess dauert, desto mehr schrumpfen die als höchst gefährlich eingestuften Terroristen zu religiösen Spinnern mit dem Hang zu wahnwitzigen Vorhaben. Ihre Schlichtheit verwundert - mit jedem Verhandlungstag mehr. Aber es passt zum Gesamteindruck. Wie Amateure hantieren sie mit den Chemikalien, wie Amateure lassen sie sich wissentlich monatelang bewachen, wie Amateure mieten sie sich in einem Dorf ein, wie Amateure lassen sie sich auf Agenten diverser Geheimdienste ein. Nichts von einer generalstabsmäßigen Geheimoperation, gesteuert von El Kaida, bleibt. Das mögliche Motiv ihrer Aktionen erschreckt: wahrscheinlich Langeweile.
Quelle: Westfalenpost