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Neue Westfälische (Bielefeld): Gesichtswahrung

Archivmeldung vom 08.02.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.02.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wer von Politikverdrossenheit redet, darf schon jetzt auf die langwierigen Verhandlungen zur Hartz-IV-Reform verweisen. In der Öffentlichkeit kommt vor allem an, dass sich die Parteien erbittert um fünf Euro Regelsatzerhöhung streiten. Schwarz-Gelb besteht auf dieser Summe, während SPD und Grüne ein paar Euro mehr drauflegen wollen. Die jeweiligen Begründungen sind mittlerweile so kompliziert, dass sie kaum noch jemand nachvollziehen kann.

Schwierig ist auch die Bildungsteilhabe für arme Kinder. Sie wäre am besten zu verwirklichen durch den Ausbau der Bildungs-Infrastruktur. Das Land braucht dringend mehr Ganztagsschulen und Ganztagskitas. Doch hier fängt die heikle Frage der föderalen Zuständigkeit an. Die Verhandlungen werden außerdem kompliziert durch die politische Großwetterlage: Am 20. Februar beginnt der Reigen der Landtagswahlen. Die Parteien suchen nach Profilierung. Das erschwert die Kompromisssuche, Gesichtswahrung heißt nun das vordringliche Thema. Die FDP etwa will ihre wirtschaftsliberale Stammklientel nicht durch einen großzügigen Mindestlohn für Zeitarbeiter erschrecken. Die SPD möchte gerne ihr Idee der Schulsozialarbeiter verwirklicht sehen. Die CDU hat Angst, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Und CSU und FDP demonstrieren wieder einmal, dass sie nichts miteinander anfangen können - auch wenn sie auf derselben Seite verhandeln. Unter diesen Umständen ist ein großer Wurf nicht möglich. Es empfiehlt sich die Beschränkung auf das Wesentliche. Die Politik soll für eine transparente Berechnung des Regelsatzes und für die Bildungsteilhabe von armen Kindern sorgen: So lautet im Kern der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts. Gefragt ist nun ein Ergebnis. Wenn es nicht bald eines gibt, steht die Politik insgesamt als Verliererin da.

Quelle: Neue Westfälische

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