Mittelbayerische Zeitung: Eine Schande für Italien
Archivmeldung vom 14.01.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Gesetz bin ich: Ganz nach absolutistischem Gusto kann Silvio Berlusconi in seinem Land schalten und walten, wie es ihm gefällt. Gestern hat ihm das italienische Verfassungsgericht Grenzen aufgezeigt. Zwar fehlte den Richtern der Mut, die "Lex Berlusconi" in Fetzen zu zerreißen. Sie fällten ein Urteil, das Platz für juristische Spielchen lässt - und darin ist der Medienmogul Experte. So könnte er die Gerichtsverfahren so lange Verzögern, bis die Vorwürfe verjährt sind.
Aber immerhin legten die Verfassungshüter das Schicksal Berlusconis in die Hand der Justiz. Zumindest auf dem Papier wird er nun vor Gericht behandelt wie jeder andere auch. Hoffentlich empfinden seine künftigen Richter es als Ansporn, dass der reichste Mann Italiens die Justiz als "Pathologie" verhöhnte. Denn so hoch wie die Müllberge in Neapel türmen sich die Probleme des Landes. Und so schnell wie der stinkende Abfall in die Höhe wächst, reiht Berlusconi einen Skandal an den nächsten. Korruption, Steuerhinterziehung, Sex-Affären - schon eine einzige dieser anrüchigen Geschichten würde genügen, um einen deutschen Regierungschef aus dem Amt zu fegen. Doch einer wie Berlusconi kann sich in Italien immer wieder hochrappeln. Weil es die schwache Opposition nicht schafft, eine Allianz gegen den Skandal-Politiker zu bilden. Und weil der Cavaliere mit seinem Medien- und Firmenimperium einen Staat im Staate errichtet hat, der alle Lebensbereiche kontrolliert. Berlusconi ist eine Schande für sein Land, weil er den Ruf einer großen Kulturnation ruiniert. Und er ist eine Schande für Europa, weil er demokratische Prinzipien mit den Füßen tritt. Gegen ihn wirkt der ungarische Autokrat Viktor Orban wie ein blasser Bubi. Wer mit dem Finger auf Orban zeigt, muss das auch bei Berlusconi tun.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung