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Lausitzer Rundschau: Zu Koalition/100 Tage

Archivmeldung vom 23.02.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.02.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das hat diese Große Koalition so an sich, dass sie es mit manchem so genau nicht nimmt. Da feiert sie ihre ersten hundert Tage, obwohl die noch gar nicht vorbei sind. Tatsächlich hundert Tage im Amt ist heute der SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck. In gewisser Weise hat die Verwechslung der Daten allerdings durchaus Sinn.

Die Berliner Koalition, eine Veranstaltung, die uns bisher vor allem mit der Botschaft beglückte, dass Regieren genauso schön ist wie Weiterregieren, hat ein offensichtliches Problem und das wiederum verkörpert eben jener SPD-Vorsitzende aus der Potsdamer Distanz. Kanzlerin Merkel hätte ihn am liebsten so zusammengeschrumpft wie seinen SPD-Vize Kurt Beck. Dem bescheinigte sie, seine Kritik am Koalitionsklima sei überflüssig, weil er ja gar nicht dabei sei. Da zielt Merkel nicht nur auf den Mainzer Ministerpräsidenten, der um seine Wiederwahl kämpft. Das Problem dieser Koalition ist eine SPD, die sich schon immer schwer tat als Kanzlerwahlverein und jetzt erst recht als Mehrheitsbeschafferin für eine Unions-Kanzlerin. Die Antwort auf diese Misslichkeit, in die die Genossen da geraten waren, heißt ganz folgerichtig Platzeck. Er ist unbelastet von den Sünden der sieben rot-grünen Jahre. Er ist der Einzige weit und breit, der Angela Merkel gefährlich werden könnte. Deswegen aber auch stört er. Wer mit CDU-Politikern redet, der wird überschüttet mit Hinweisen darauf, dass dieser Potsdamer erstens nicht wisse, was er wolle und zweitens nicht tue, was er verspreche. Hinter beiden Böswilligkeiten verbirgt sich das eigene schlechte Gewissen. Es gibt bislang keine erkennbare Antwort darauf, was die Koalition will und sie tut auch nicht, was ihre Akteure versprochen haben. Die sonnen sich lieber in dem Glück, dass trotz dieser schrecklichen Wahl noch mal alles gut gegangen ist. Sie mögen sogar denken, dass dieses, ihr Glücksgefühl, das Land ansteckt. Aber darin irren sie sich. Es wird kein Merkel-Müntefering-Wunder geben, weder auf dem Arbeitsmarkt noch beim Schuldenabbau. Es wird eher – wie gerade bei der Rente erlebt – wieder vorne und hinten nicht reichen, weil keine grundlegenden Weichenstellungen erkennbar sind. Denn die immer neuen Krisenpakete sind das Gegenteil von vertrauensbildenden Maßnahmen. Eine dumpfe Ahnung davon, was ihnen blühen könnte, haben insbesondere die Christdemokraten. Umso mehr stört Platzeck. Nicht etwa weil er noch nicht angekommen ist, sondern gerade weil er noch nicht so ganz dabei ist. Und das Wichtigste an der demnächst tatsächlich fälligen ersten Zwischenbilanz der Koalition hängt damit zusammen. Es ist vom Neuanfang zu wenig erkennbar, als dass das Land auf gute Neuigkeiten hoffen könnte. Damit verbunden ist der immer deutlicher artikulierte Wunsch, es möge endlich Einer kommen, der diesen Neuanfang glaubwürdig vertritt.

Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau

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