Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zu den höheren Bußgeldern für Verkehrsverstöße
Archivmeldung vom 12.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt»Es ist besser, eine Maus im Maul einer Katze zu sein als ein Mensch in den Fängen eines Rechtsanwalts«, lästert der spanische Volksmund. Dass das leicht bis mittelschwer übertrieben ist, wissen natürlich auch die massenverkehrskundigen Paragraphen-Füchse unseres großmächtigen Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (Kürzel ADAC).
Wer schließlich erstreitet denn bei Gericht all jene unbegreiflich
milden Urteile, mit denen ungezählte Sünder der Straße davonkommen?
Nicht selten pauken besonders gewiefte Rechtsbeistände selbst brutale
Raser so geschickt aus der Patsche heraus, dass schon gänzlich
unbeteiligten, neutralen Beobachtern die Haare zu Berge stehen - von
etwaigen Opfern und deren Angehörigen gar nicht zu reden.
Gleichsam nach dem legendären, flotten Motto »Freie Fahrt für freie
Bürger« hatte sich der ADAC in den 1980er Jahren der fixen Idee
verschrieben, Deutschlands irgendwie störende Überland-Alleen kräftig
zu lichten, um die Asphalt- und Betonpisten besser, leichter,
bequemer befahrbar zu machen. Dieser Bäume-Sturm der Auto-Lobbyisten
legte sich zwar gottlob alsbald, weil die Proteste aus vielerlei
Richtungen unerwartete Gegenwirkungen erzeugten.
Doch stattdessen wirft sich der ADAC immer wieder - wie just auch in
diesen Tagen - auf einem seiner besonders bewährten Kampfes- und
Kampagnenfelder in die Bresche. Nur liegt er leider auch diesmal
falsch mit seinem abgewetzten Empörungsruf gegen die angebliche
»Abzocke«, die der böse Vater Staat betreibe, wenn er die Bußgelder
für Verkehrsdelikte drastisch erhöhe.
Dabei wiegt der Hinweis auf die schärfere Urteilspraxis und die teils
beträchtlich höheren Bußgeldsätze im europäischen Ausland sogar noch
weniger schwer. Der wahrlich erschreckende Tatbestand ist, welche
fürchterlichen physischen und psychischen Dauerfolgeschäden
wahnwitzige »Bleifuß«-Raser, hochgeschwindigkeitssüchtige
Falschüberholer und notorisch hemmungslose Dichtauffahrer Jahr für
Jahr - un- mittelbar und mittelbar - zumeist völlig unschuldigen
Menschen, alt und jung, zufügen.
Schon mit makaber lumpigen 250 Euro Bußgeld kann so mancher Alkohol-
oder Rauschgiftsünder am Steuer nach bislang geltendem deutschen
Recht sein sträfliches Fehltun abgelten. Das entspricht drei bis vier
Tankfüllungen. Na, und!? sagt sich der Delinquent, schüttelt sich ein
bisschen - und fährt, rast, überholt schon bald wieder in alter
Frische und drängt andere »lahme Enten« rücksichtslos beiseite.
Nein, hinter der Nebelfloskel von den sogenannten
volkswirtschaftlichen Folgelasten verbergen sich in der
Alltagswirklichkeit Millionen Einzelschicksale, weitaus überwiegend
anonym, vergessen von der willig oder seltsam gleichgültig zahlenden
Mitwelt, die wir alle sind.
Gemeinschädliches und gemeingefährliches Verhalten muss gebührend
geahndet werden. Denn zu viel Nachsicht ist der Feind jeder
Abschreckung.
Besinnung darauf tut not.
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt