Rheinische Post: Freitod zu Marktpreisen
Archivmeldung vom 02.07.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer frühere Bundespräsident und NRW-Regierungschef Johannes Rau sorgte sich in seinen letzten Lebensjahren öfter um eine Gesellschaft, die zwar von allem den Preis, aber von nichts mehr den Wert kenne. Die Alles-ist-käuflich-Mentalität steckt auch in den umtriebigen Freitod-Spezialisten, die auf dem Markt der Möglichkeiten Sterbenskranken oder bloß irgendwie Lebensmüden ihre Hilfe anbieten.
Bei manchen Anbietern ist man versucht, "anbieten" durch "aufdrängen" zu ersetzen. Wehe einer Gesellschaft, in der alten, schwer kranken, Kosten verursachenden Menschen Humanität heuchelnde Tipps geflüstert werden, mit der vergifteten Offerte: "Es steht ihnen natürlich frei, aber es gibt da heute doch gewisse Möglichkeiten und Vereine, die beim erlösenden Suizid zur Hand gehen." Fünf Bundesländer stemmen sich zu Recht mit einer Gesetzesinitiative gegen profil- und profitsüchtige Freitod-Helfer. Wie so viele giftige Pflanzen sprießen auch sie lockend, besonders für Suizid-Gefährdete, Menschen im Ausnahmezustand. Das Schlimme ist auch, dass die eitlen "Dr. Tod", die selten Ärzte sind, die medizinisch-pflegerische Schwerstarbeit auf den Palliativ-Stationen unserer Kliniken oder den bewunderungswürdigen, mitmenschlichen Einsatz in den Hospizen unerwähnt lassen. Dort sind die wahren Helfer und Menschenfreunde zu finden.
Quelle: Rheinische Post